15. Zusammensetzung der ersten Kammer. 117
ten, Glaucha, Waldenburg, Lichtenstein, Hartenstein und
Stein, durch einen ihres Mittels“ UVerf.-Urk. § 63 Ziff. 4); dazu aus
dem weiteren Ausschuß der Ritterschaft:)
— „die Besitzer der vier Schönburgischen Lehensherr-
schaften Rochsburg, Wechselburg, Penig und Remissen, durch
einen ihres Mittels“ (Verf.-Urk. § 63 Ziff. 12);
und aus den Ständen der Oberlausitz:
— „der Besitzer der Standesherrschaft Königsbrück“ (Verf.=
Urk. § 63 Ziff. 6); «
—,,derBefitzerderStandesherrfchaftReibersdorf«(Verf.-
urk.§638iff.7).
Die Verfassung setzt hier voraus, daß es sich bei diesen Herrschaften um gebundenes
Familiengut handele, und daß die eigene Ordnung des besitzenden Hauses nach Maßgabe
ihrer Bestimmungen das berufene Mitglied der ersten Kammer liefere. Daher bezeichnet
sie in Ziff. 3, 6 und 7 ohne weiteres den „Besitzer“ der einheitlich fortbestehend gedachten
Herrschaft als den Berufenen. Wenn in Ziffer 4 und 12 jeweils eine Mehrheit von Be-
sitzern berufen ist, den „einen ihres Mittels“ zu liefern, so wird auch hier erwartet, daß die
Ordnungen des Schönburgischen Hauses das Nähere bestimmen oder in Ermangelung
solcher eine Vereinbarung der beteiligten Besitzer zustande kommt. Versagt beides, so ist
auf Ziffer 4 oder 12 niemand berufen. Eine familienrechtliche Ordnung mit Individual-
sukzession ist auch vorausgesetzt, wenn Verf.-Urk. § 64 Satz 1 bei allen diesen Herrschaften
einen Ersatzmann zuläßt in Gestalt des „nächsten Nachfolgers"“. Das soll möglich sein,
wenn der Berufene minderjährig oder aus anderen Ursachen, welche die Kammer an-
erkennt, verhindert ist, am Landtag teilzunehmen, der „nächste Nachfolger" aber die er-
sorderlichen Eigenschaften für seine Person besitzt. Dieser nächste „Agnat“, wie er offen-
bar gedacht ist, — es ist eine Art Regentschaft — „kann“ dann, statt des Berufenen und
solange die Behinderung dauert, in die Kammer eintreten. Eine Verpflichtung dazu
besteht nicht.
Die nach Ziffer 3 und 4 Berufenen (Solms-Wildenfels und Schönburg-Rezeßherr-
schaften) haben auch das besondere Vorrecht aus den altlandständischen Ordnungen mit
herübergebracht, sich nach Belieben durch einen Bevollmächtigten in der Kammer ver-
treten zu lassen. 10) Es ist ein Vorrecht der zur alten Klasse der Grafen und Herren ge-
hörigen Mitgliedschaft, gilt daher nicht für auf sonstigen Titel erworbene (nur „wegen ihrer
erblichen Stimmen“; Verf.-Urk. @ Satz 2) und auch nicht für die nach Ziff. 6, 7 oder 12
Berufenen.
Noch ein anderer Unterschied besteht, mit anders gezogener Grenzlinie. Die Häuser
Solms-Wildenfels und Schönburg werden als standesherrliche behandelt, ganz nach den
Regeln, welche auch andere deutsche Staaten bei ihren Standesherren zur Anwendung
bringen. Die Mitgliedschaft in der ersten Kammer bernht also auf dem Zusammentreffen
von Familienzugehörigkeit und Besitz des standesherrlichen Familiengutes. Gingen die
9) Rezeß v. 4. Mai 1740 514; vgl. oben §& 8, I Nr. 1.
10) Auch auf dem Landtage von 1831, mit dem die Verfassung vereinbart wurde, war Solms-
Wildenfels zeitweilig durch den „Bevollmächtigten Lehnrat Krauß" vertreten gewesen. — Spor-
schil, Bemerkungen über die Verf.-Urk. S. 102 u. 103, findet dieses Privilegium sehr ungehörig.