*é"15. Zusammensetzung der ersten Kammer. 119
gesetzt — wer im Kreise ein Rittergutu) zu eigen hat oder, was jetzt gleich gilt, ein anderes
Landgut („Gut des platten Landes"), welches mit wenigstens 3000 Steuereinheiten be-
legt5) ist (Wahlges. 1868, 5+ 11). Der Besitz der Ehefrau und der in väterlicher Gewalt
befindlichen Kinder ist dem Ehemann und Vater anzurechnen (Wahlges. 1868 §5 5). Gehört
ein entsprechendes Gut zu einem Pfarr= oder Schullehen, so ist der Nutznießer wahlberech-=
tigt; gehört es einer juristischen Person, so ist es ihr gesetzmäßiger Vertreter (Wahlges. 1868
83 Abs. 3, 5 11 Abs. 2) 19). Im Falle des Miteigentums kommen nur die Miteigentümer
in Betracht, welche die allgemeinen Bedingungen erfüllen; sind deren mehrere, so ist,
wenn sie nicht unter sich auf einen anderen einig geworden sind, der an Jahren Alteste
allein wahlberechtigt; bei Altersgleichheit entscheidet das Los (Wahlges. 1868, § 14). Von
mehreren Nutznießern eines geistlichen Lehens wird in gleicher Weise der Alteste berufen
sein, während bei mehreren gesetzlichen Vertretern einer juristischen Person, falls nicht
aus ihrer Verfassung ein anderes sich ergibt, 17) der Wahlberechtigte durch Beschluß der
Gesamtheit bezeichnet wird.
Wohnsitz im Kreise ist nicht erforderlich; wer in mehreren Kreisen mit dem entsprechen-
den Grundbesitze ausgestattet ist, ist in jedem wahlberechtigt. Wer aber in dem nämlichen
Wahlkreise einen entsprechenden Grundbesitz mehrfach aufweisen kann, hat doch nur eine
Wählerstimme (Wahlges. 1868 KN 12).
Wählbar ist — die Erfüllung der allgemeinen Bedingungen der Wählbarkeit
wieder vorausgesetzt — der Eigentümer eines im Gebiete des Königreichs gelegenen
Ritterguts oder sonstigen Landgutes, welches — das eine, wie das andere — mit min-
destens 4000 Steuereinheiten belegt ist (Wahlges. 1868 § 13). Die Anrechnung des Besitzes
der Ehefrau und der in väterlicher Gewalt stehenden Kinder findet auch hier statt.
Dagegen kommen Vertreter von juristischen Personen und Nutznießer von geistlichen
Lehen als solche hier nicht in Betracht.
Was das Wahlverfahren anlangt, so liegt die Leitung in den Händen alt-
ständischer Beamten, der Kreisvorsitzenden in den erbländischen Kreisen, des Landesältesten
in der Oberlausitz, die dabei als Wahlvorsteher und Wahlkommissare dienen (Wahlges. "v
1868 §N 36).183) Ihnen liegt vor allem ob, die Wählerlisten für ihren Kreis aufzustellen
und zur Kenntnisnahme der Beteiligten aufzulegen (§ 23). Sie schreiben die Wahl aus
durch zweimalige Bekanntmachung in der Leipziger Zeitung und laden jeden Stimm-
berechtigten außerdem noch besonders ein durch eingeschriebenen Brief (§F 37). Die ver-
14) Für den Zweck der Wahlen wurde durch Verordnung vom 6. Nov. 1832 (Samml. der
Ges. u. Verord. S. 425ff) ein Verzeichnis der Rittergüter aufgestellt, auf welches die Ausf. Verord.
vom 4. Dez. 1868 § 3 verweist. Vgl. oben S. 45.
15) Grundsteuerges. vom 9. Sept. 1843 FF 3, 18, 29.
16) Gegen den Fiskus als Eigentümer eines Rittergutes besteht eine selbstverständliche Aus-
nahme: das Rittergut behält auch in seiner Hand die besondere Rechtsstellung; aber das daran
hängende Wahlrecht ruht, bis es in Folge der Wiederveräußerung an eine andere Person wieder
auflebt (Wahlges. 1868 §& 11 Abs. 2: „mit Ausnahme des Staatsfiskus“").
17) Das ist der Sinn des Ausdruckes „von mehreren gleichberechtigten Vertretern“ in Ausf- -
Verord. vom 4. Dez. 1868 8 2.
18) Die Wahl findet immer für die einzelnen bestimmten Sitze statt; es gibt keine Auflösung
für die erste Kammer, folglich auch keine allgemeinen Wahlen der zu wählenden Rittergutsbesitzer.
Ordentlicherweise geschieht also eine Neuwahl immer „infolge Ablebens des bisherigen Inhabers
der Stelle“. Das Ministerium des Innern erläßt eine „Bekanntmachung“ im Ges.= und Verord.=
Bl., wodurch diese Wahl angeordnet wird, und zugleich eine Verfügung an „den Vorsitzenden
dr Stände in dem erwähnten Kreise“, damit er das Weitere veranlasse. Vgl. z. B. Ges.= u. Verord.=
1899 S. 479.