Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band IX. Das Staatsrecht des Königreichs Sachsen. (9)

134 Dritter Abschnitt: Der Landtag. 817. 
  
Die Wahlkreise werden zur Erleichterung der Stimmenabgabe in Wahlbezirke 
zerlegt. Die Bildung dieser Wahlbezirke geschieht durch die zur Leitung der Wahlgeschäfte 
berufene Behörde, die Wahlbehörde. Als solche gilt für Städte mit Rev. Städte- 
Ord. der Stadtrat, für andere Städte der Bürgermeister, für Landgemeinden mit mehr 
als 1500 Einwohnern der Gemeindevorstand, für die übrigen Landgemeinden und die 
selbständigen Gutsbezirke der Amtshauptmann (Wahlges. & 15). Die Wahlbehörde er- 
ernennt für jeden Wahlbezirk einen Wahlvorsteher zur Führung des Vorsitzes bei 
der Stimmenabgabe. Andererseits wird durch das Ministerium des Innern für jeden 
Wahlkreis ein Wahlkommissar bestellt, der seiner Zeit das Gesamtergebnis der in 
den Wahlbezirken vorgenommenen Abstimmungen ermitteln soll. 
Als Grundlage für das Abstimmungsverfahren dienen die von den Ortsbehörden auf- 
zustellenden Wählerlisten.5) Sie enthalten die Namen der Stimmberechtigten mit 
Angabe der jedem zustehenden Stimmenzahl. Zerfällt der Ort in mehrere Wahlbezirke, 
so ist die Liste für jeden gesondert aufzustellen; bilden mehrere Orte zusammen einen 
Wahlbezirk, so erhält dieser seine Wählerliste durch die Vereinigung der für seine sämtlichen 
Orte aufgestellten. Die Wählerliste wird eine Woche lang zu jedermanns Einsicht bei der 
Ortsbehörde öffentlich ausgelegt. Während zwei Wochen von Beginn der Auslegung ab 
können Einwendungen gegen die Richtigkeit und Vollständigkeit der Liste bei der Orts- 
behörde erhoben werden. Glaubt diese nicht sofort durch Berichtigung abhelfen zu können, 
so hat sie unverzüglich ihrer vorgesetzten Behörde — Amtshauptmannschaft oder Kreis- 
hauptmannschaft (vgl. unten § 32, V) — zu berichten. Die Entscheidung erfolgt je 
nach dem durch den Bezirksausschuß oder Kreisausschuß (vgl. unten § 30, 1 Nr. 3, II 
Nr. 2). 
Die aus diesem Verfahren hervorgehende, soweit nötig berichtigte Wählerliste ist dann 
endgültig abzuschließen. Weitere Einwendungen sind ausgeschlossen. 190) 
Die Verord. vom 10. Okt. 1896 zur Ausf. des Wahlges. vom 28. März 1896 hatte in §1 bestimmt: 
„Es bewendet bis auf weiteres bei der bestehenden Wahlkreiseinteilung“, und in der Beilage waren 
dann jene vier Städte als erste Abteilung den „Sonstigen Städten“ vorgeschoben. — Plauen, das 
damals noch in der zweiten Abteilung mit zwei kleinen Städten den 23. Wahlkreis bildete, wurde 
erst während der Kammerverhandlung über das neue Wahlgesetz in die erste Abteilung versetzt. — 
Alle Wahlkreise sind demnach gesetzlich festgelegt mit Ausnahme der mehreren Wahlkreise, die auf 
jede der drei großen Städte fallen. Diese werden vom Stadtrat abgegrenzt (Wahlges. §& 5). Das 
geschieht gelegentlich jeder ordentlichen (allgemeinen) Wahl und gilt dann auch für die erforderlich 
werdenden Ersatzwahlen (und Nachwahlen): Ausf.-Verord. § 1. In Leipzig und Chemnitz hat sich 
der Stadtrat wegen der zugeschlagenen Landgemeinden und Gutsbezirke mit der Amtshaupt- 
mannschaft ins Einvernehmen zu setzen: Ausf.-Verord. § 1 Satz 2. 
15) Wahlges. § 18 u. § 19. Die Uberschrift sagt „Wahllisten“, der Text, übereinstimmend mit 
dem Reichstagswahl-Reglement, „Wählerlisten". Auch die Ausf.-Verord. wechselt im Ausdruck 
ab. — Die Ausf.-Verord. gibt in Anlage 4 ein Muster für die Art, wie die Wählerlisten aufzustellen 
sind. Dabei ist das Besondere, daß jetzt in einer Kolonne 6 die „Zahl der Stimmen“ anzugeben 
ist, die dein Wähler zustehen, und in Kolonne 7 der Absatz des § 11 des Wahlgesetzes, auf welche 
„die Zusatzstimmen sich gründen“. Die Unterlagen für die Bestimmung der Stimmenzahl haben 
sich die mit der Listenaufstellung betrauten Behörden durch Einsichtnahme der ihnen zu Gebote 
stehenden Register selbst zu verschaffen; nötigenfalls sind die Wahlberechtigten „zur cigenen 
Beibringung der Nachweise zu veranlassen.“ Kommen diese dem Verlangen nicht nach, so erwächst 
ihnen daraus kein Rechtsnachteil. Sie können nur leicht in die Lage kommen, Einwendungen 
gegen die aufgestellte Liste erheben zu müssen. 
16) Die einmal fertig gestellte Wählerliste dient zugleich für die engere Wahl, die etwa not- 
wendig wird (Wahlges. § 36 Abs. 3); ebenso für eine innerhalb Jahresfrist stattfindende Ersatz- 
wahl (Wahlges. & 39 Abs. 2). Bezüglich der nicht ausdrücklich erwähnten Nachwahl muß das 
nämliche gelten.
	        
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