Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band IX. Das Staatsrecht des Königreichs Sachsen. (9)

g 18. Die Versammlung des Landtages und sein Geschäftsgang. 137 
  
I. Der König kann verfassungsmäßig des Landtages nicht entraten. Aber der Form 
nach ist dessen jedesmaliger Bestand abhängig von seinem Willen.) Die Machtbe— 
fugnisse, welche demgemäß dem Könige über den Landtag zustehen, werden 
gegebenenfalls an seiner Stelle ausgeübt durch den Regierungsverweser (vgl. oben §& 14). 
1. Der Landtag tritt nur zusammen auf königliche Einberufung. Diese hat 
mindestens alle zwei Jahre zu geschehen.?) Hauptzweck ist dabei die Feststellung des 
Staatshaushalts, die für zweijährige Zeiträume (Finanzperioden) erfolgt. Dadurch be- 
stimmt sich auch der Einberufungstermin genauer: der Landtag wird zur Vermeidung 
von Störungen der Finanzverwaltung mindestens sieben Wochen vor Ablauf der zwei- 
jährigen Finanzperiode zu berufen sein (vgl. unten § 24, 1 Nr. 1). Selbstverständlich dienen 
dann diese Staatshaushalts-Landtage zur Erledigung aller regelmäßigen und vorher- 
sehbaren Geschäfte. Sie heißen ordentliche Landtage. Dazwischen kann je 
nach Bedürfnis auch sonst noch ein Landtag berufen werden. Das sind dann außer- 
ordentliche Landtage. Unter Umständen ist der König schlechthin verpflichtet, 
ihn zu berufen in bestimmter Frist, es sei denn, daß in dieser Frist ohnehin ein ordentlicher 
Landtag zusammenträte, nämlich: 
— binnen vier Monaten nach Eintritt eines Regierungswechsels (Verf.-Urk. & 115 
Abs. 2); 
— binnen sechs Monaten nach Auflösung der zweiten Kammer (Verf.-Urk. & 116 Abs. 3). 
Außerdem kann ein außerordentlicher Landtag notwendig sein, weil man tatsächlich nicht 
warten kann mit einer Maßregel, zu welcher man den Landtag verfassungsmäßig braucht 
(Einsetzung einer Regierungsverwesung nach Verf.-Urk. § 11,3) schleunige finanzielle Maß- 
regeln nach Verf.-Urk. § 105 Abs. 2). Im übrigen steht es im freien Ermessen des Königs, 
wann er den Landtag in solcher Weise berufen will. Die Sache hat ihre natürlichen Grenzen 
in sich selbst. 
Die Einberufung erfolgt notwendig stets für beide Kammern zugleich; denn nur zu- 
sammen bilden sie den rechtlich bedeutsamen Landtag. Sie geschieht auf einen bestimm- 
ten Tag und an einen bestimmten Ort. Dieser Ort muß innerhalb des Staats- 
gebietes gelegen sein (Verf.-Urk. § 115 Abs. 3). Regelmäßig lautet die Ortsbestimmung: 
„in die Residenzstadt Dresden“. 
Die Form ist die einer Bekanntmachung im Gesetz= und Verordnungsblatt, 
durch welche das Gesamtministerium verkündet, daß der König die Einberufung zu dem 
bestimmten Tage beschlossen hat.“) 
1) Das strenge Verbot eigenmächtigen Sichversammelns und Beisammenbleibens, welches 
Verf.-Urk. 3 118 aufstellt, antwortet auf die jahrhundertelang fortgesetzten Bestrebungen der Stände 
nach größerer Selbständigkeit. Der letzte Fall von eigenmächtigem Zusammentritt ereignete sich 
im Frühjahr 1697 aus Anlaß des Religionswechsels August des Starken; Weiße, Gesch. der 
Chursächs. Staaten Bd. V S. 289. 
2) Verf.-Urk. & 115 bestimmte ursprünglich dreijährige Perioden; durch Ges. v. 3. Dezember 
1868 wurde das in zweijährige verändert. 
3) Der Fall hat zugleich das Besondere, daß hier die Einberufung, abweichend von aller Regel, 
durch Beschluß des Gesamtministeriums geschieht (uvgl. oben § 14 Note 12); sonst besorgt dieses 
nur die Bekanntmachung. 
4) Die Formel lautet: „Seine Majestät der König haben beschlossen die getreuen Stände des 
Königreichs Sachsen zu einem gemäß § 115 der Verf.-Urk. abzuhaltenden ordentlichen Landtag 
für den ... (Datum) in die Residenzstadt Dresden einberufen zu lassen. 
Dresden, den Gesamtministerium 
(Unterzeichnung).“
	        
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