Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band IX. Das Staatsrecht des Königreichs Sachsen. (9)

8 21. Das Gesetzgebungsverfahren. 173 
  
Es handelt sich bei dem Rechtsakt, den der König vollzieht, um eine förmliche in 
Schriftform abzugebende Willenserklärung. Diese Form wird schon um der not- 
wendigen Gegenzeichnung willen beobachtet und sie hat die Verf.-Urk. im Auge, wenn 
sie die ausdrückliche Bezugnahme auf die vorausgegangene Zustimmung fordert: die Be- 
zugnahme soll in die Urkunde aufgenommen werden. Alles, was sonst noch zu ihrem 
Inhalt, zum Inhalt der den Erlaß bildenden Willenserklärung gehört, stellt das Ministe- 
rium durch Abfassung des dem König vorzulegenden Schriftstückes zusammen.#1) 
Es handelt sich um einen einzigen Rechtsakt, den der König in solcher Weise vor- 
nimmt: er kann in der Sprache unseres Verfassungsrechtes nur als der Erlaß bezeichnet 
werden, mag auch in 3& 87 gesagt sein „erläßt und promulgiert“.22) Der Erlaß des Gesetzes 
ist wesensgleich dem Erlaß der Verordnung, von welchem die Verf.-Urk. alsbald (& 88) 
weiter spricht: ein einseitiger Akt des Königs, ausschließlich auf die Wirkung nachaußen, 
auf die Allgemeinheit gerichtet. Das innere Verhältnis, das zu den Ständen, ist durch die 
dahinterliegende Vereinbarung bereits ins reine gebracht.23) 
Der Unterschied von der Verordnung auch wird nicht erkennbar an dem sachlichen Inhalt. 
Überdies sagt der König, auch indem er das Gesetz erläßt, „er verordne“. Kenn- 
zeichen sind nur die übliche Bezeichnung als Gesetz in der Überschrift und der vor- 
geschriebene Hinweis auf „die erfolgte Zustimmung der Stände“.24) 
21) Seinen wesentlichen Inhalt entnimmt der Erlaß aus dem königlichen Gesetzesvorschlag, 
wenn dieser glatt angenommen worden ist, sonst aus dem von den Ständen beschlossenen Ent- 
wurf, wie ihn der König durch sein Dekret an sie (regelmäßig Landtagsabschied) genehmigt hat. 
Manchmal ist der Text vorher noch zu korrigieren. Wenn die Stände gegenüber dem Regierungs- 
entwurf Anderungen, Einschiebungen, Umstellungen u. dgl. beschlossen haben, so ist es Zweck- 
mäßigkeitssache, es der Regierung zu überlassen, daß sie das Technische besorge und dem Gesetz 
nun die entsprechende Gestalt gebe. Es wird dann von den Ständen beschlossen, „die Königliche 
Regierung zu ermächtigen, die durch usw. nötig gewordenen redaktionellen Veränderungen bei 
Bekanntmachung des Gesetzes vorzunehmen“ (Beispiel in der Ständischen Schrift vom 11. Mai 
1900 Landt.-Akten 1899/1900 S. 98). „Bei der Bekanntmachung“ ist ungenau; es muß natürlich 
vor der Bekanntmachung geschehen; denn diese darf nicht mehr von dem abweichen, was der König 
unterzeichnet hat. Das Ministerium arbeitet die Abfassung des Gesetzes entsprechend der Ermäch- 
tigung aus; aber der König allein bestimmt den endgültigen Text, indem er unterzeichnet. 
22) Was es mit dem Promurlgieren für eine Bewandtnis hat, werden wir nachher bei Nr. 5 
sehen. Natürlich kann man an jener einen Willenserklärung verschiedene Seiten hervorheben. Aber 
wenn man eine zweite gesonderte Handlung davon abspalten will, so findet man sie nicht in der 
Wirklichkeit. Jellinek, Ges. u. Verord. S. 319; Dyroff, Rechtssatzung u. Gesetz S. 32. 
23) Gerade weil nach sächsischem Verfassungsrecht dieses Verhältnis eine so deutliche und 
formgerechte Erledigung vorher gefunden hat, kann die Rechtssprache der Verf.-Urk. für den Ent- 
stehungsakt des Gesetzes den unzweideutigen Ausdruck „Erlaß" wählen. Wo jenes fehlt, ist man 
immer darauf bedacht, in dem Namen dieses Aktes noch eine Beziehung auf die Verhandlungen 
mit der Volksvertretung auszudrücken, welche dadurch zu günstigem rechtswirksamem Abschluß 
gebracht sein sollen. Das sagt das Wort: „Sanktion“, „sanktionieren“ in der Württemb. Verf.= 
Urk. J 172 (vgl. oben Note 12). Die Bayr. Verf.-Urk. Tit. VII § 30 gebraucht für den einen. 
Akt den Doppelausdruck „sanktioniert und erläßt“, um mit dem ersten die Verbindung nach rück- 
wärts anzuknüpfen, die der zweite nicht gibt. Noch deutlicher das unmittelbare Vorbild, die Badische 
Verf.-Urk. §& 66 mit ihrem „bestätigt“. Die Sächsische Verf.-Urk. konnte nicht mehr von Bestätigung 
reden, da ihr König das Gesetz den Ständen gegenüber spätestens im Landtagsabschied schon „be- 
stätigt" hat. Auch in der Literatur schwankt man für den nämlichen Akt zwischen Bezeichnungen, 
wie: „definitive Genehmigung“ und „Erteilung des Gesetzesbefehls“ (Laband, Staats-R. II 
S. 26 u. 37) oder „Genehmigung“ und „verbindende Erklärung“ (v. Roenne, Staats-R. d. 
preuß. Monarchie 1 S. 390ff.). Das sind natürlich nicht Synonyma, sondern ganz verschieden 
gerichtete Begriffe. 
24) Die übliche Formel lautet jetzt einfach: „Wir usw. verordnen nach Zustimmung Unserer 
getreuen Stände was folgt“. Früher pflegte man gern der Sache eine feierlichere Breite zu geben 
durch Zusätze über Gegenstand, Zweck und Anlaß des Gesetzes oder Hervorhebung der Erwägungen. 
und Beschlußfassungen, die vorausgegangen sind: „Wir ... haben für angemessen gchunden 
die Verhältnisse durch ein Gesetz festzustellen, und verordnen deshalb . was folgt"“ (Ges.=
	        
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