Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band IX. Das Staatsrecht des Königreichs Sachsen. (9)

84. Verfassungsausbildung. Das Verhältnis zu Gesamtdeutschland. 9 
  
eine Stimme, im Plenum dagegen vier Stimmen. Zusammen mit Kurhessen, Nassau, Luxem- 
burg und Leinburg stellte es das neunte Bundesarmeekorps. — 
Im Jahre 1833 nahm Sachsen teil an der Gründung des deutschen Zollvereins. Am 
22. März war ein Zollvereinigungsvertrag zustande gekommen zwischen Preußen und seinen Zoll- 
verbündeten (beide Hessen) einerseits, dem süddeutschen Zollverein (Bayern, Württemberg, Hohen- 
zollern) andererseits. Am 30. desselben Monats trat Sachsen bei, „mit der Wirkung, als hätte es 
unmittelbar am Abschlusse jenes Vertrages Anteil genommen“. Der Thüringische Zoll= und 
Handelsverein folgte am 11. Mai. 
Die Einigungsversuche von 1848 und 1849 machte Sachsen in der üblichen Weise mit. Ge- 
mäß Bundesbeschluß vom 30. März 1848 hatte eine königliche Verordnung vom 10. April die 
Wahlen zur Frankfurter Nationalversammlung ausgeschrieben. Am 14. Mai 1849 wurden jedoch 
die sächsischen Mitglieder von ihrer Regierung zurückgerufen. Die inzwischen eingeführten Reichs- 
gesetze!) aber hob man wieder auf. — 
Im deutschen Kriege von 1866 stand Sachsen auf seiten Österreichs. Am 21. Oktober 1866 
wurde zwischen ihm und Preußen der Frieden geschlossen, durch welchen es sich verpflichtete, dem 
sogenannten Augustbündnis beizutreten. Dieses war am 18. August zwischen Preußen und seinen 
Kriegsverbündeten zustande gekommen und war einerseits ein Schutz= und Trutzbündnis unter 
Anerkennung des preußischen Oberbefehls, andererseits bedeutete es die gegenseitige Verpflichtung 
zum Abschluß eines Verfassungsbündnisses gemäß den von Preußen bereits am 
10. Juni bekanntgegebenen Grundzügen; diese Verfassung sollte unter Mitwirkung eines gemein- 
schaftlich zu berufenden Parlamentes festgestellt werden. Demgemäß sandte Sachsen Bevoll- 
mächtigte nach Berlin zur Beratung des Verfassungsentwurfes und erließ unterm 7. Dezember 1866 
ein Wahlgesetz für die Beschickung des konstituierenden Reichstags. Am 7. Februar 1867 beschließen 
die Bevollmächtigten einstimmig den inzwischen durchberatenen Entwurf dem zu berufenden 
Reichstage vorlegen zu lassen. Nachdem der Reichstag am 16. April dem Entwurf mit einigen Ande- 
rungen seine Zustimmung erteilt hatte, erklärten am gleichen Tage die sämtlichen Bevollmächtigten 
die Verfassung in dieser Gestalt anzunehmen und ersuchten den Vorsitzenden „davon den Reichstag 
5) Die Stammtafel des Königlichen Hauses seit 1763, auf welche noch öfters zurückzukommen 
sein wird, hat folgende Gestalt: 
Kurfürst Friedrich Christian, 1 1763 
  
  
  
  
Kurfürst, dann König Friedrich August III. bezw. I. König Anton Prinz Maximilian 
71 1827 11836 11838 
König Friedrich August II. König Johann 
11854 1 1873 
König Albert König Georg 
1 1902 1 1905 
König Friedrich August III. Prinz Johann Georg Prinz Max Prinz Albert 
1) Die Frankfurter Nationalversammlung hatte gesetzgebende Gewalt in Anspruch genommen 
und kraft dieser namentlich auch die „Grundrechte des deutschen Volkes“ durch Reichsgesetz fPest- 
gestellt. Die Einzelstaaten hatten zu vollziehen. Demgemäß erging in Sachsen unterm 2. März 
1849 folgende Kgl. Berordnung „die Publikation des Reichsgesetzes über die Grundrechte des deut- 
schen Volkes betr.“: 
„Wir usw. verkünden hiermit, nachdem die Kammern ihr Einverständnis damit ausgesprochen 
haben, nachstehendes Reichsgesetz, die Grundrechte des deutschen Volkes betr.: 
Der Reichsverweser, in Ausführung des Beschlusses der Reichsversammlung vom 21. Dezember 
1848 verkündet als Gesetz“: Folgt als Text: 
I. Grundrechte des deutschen Volkes; 
II. Einführungsgesetz („die Grundrechte des deutschen Volkes werden im ganzen Umfange 
des deutschen Reichs unter nachfolgenden Bestimmungen hiermit eingeführt"): » · 
unterzeichnet: „Der Reichsverweser Erzherzog Johann“ unter Gegenzeichnung sämtlicher Reichs- 
minister. 
Dann fährt die Kgl. Verordnung fort: · 
»DemvorstehendenGesetze...istgebührendnachzugehnusmZudessenUrkundhabennurgegew 
wärtige Verordnung vollzogen * 
Dresden, den 2. März 1849 Friedrich August.“ 
Derartige Dokumente sind nicht bloß lehrreich, um zu erkennen, wie es damals in Deutschland 
aussah. Die Lehre vom Gesetz und vom Verhältnis des Einzelstaates zur Gesamtheit wird gleich- 
falls dadurch beleuchtet.
	        
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