184 Vierter Abschnitt: Zusammenwirken von Regierung und Volksvertretung. 5 22.
eines Gesetzes mit der Wirkung, daß eine Anderung ober Zurücknahme fortan nur in
Form eines Gesetzes erfolgen kann.]s)
II. Die Verordnungen erhalten, wie die Gesetze, ihre Wirksamkeit erst durch die Ver-
kündigung. Sie geschieht für Verordnungen des Königs, der Ministerien und anderer
Landeszentralbehörden im „Gesetz= und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen". 19)
Die verbindliche Kraft beginnt, wie bei Gesetzen, mit dem 14. Tage nach Ablauf des Tages
der Ausgabe des Stückes, es sei denn, daß die Verordnung selbst anderes bestimmt.220)
In der großen Masse von Stoff, die uns hier entgegentritt, werden aber nun genauere
Ausscheidungen zu machen sein:
1. Die Verordnungen des Gesetz= und Verordnungsblattes scheiden sich äußerlich,
gewissermaßen dem offiziellen Range nach, in drei Gruppen.
Die vornehmsten sind die vom Könige selbst ausgefertigten. Sie bezeichnen sich als
„ Allerhöchste Verordnungen". Darunter sind die Notverordnungen kennt-
lich gemacht durch die Bezugnahme auf Verf.-Urk. § 88 und die Gegenzeichnung sämt-
licher Minister. Die Allerhöchsten Verordnungen sind an Zahl sehr gering. Dann kommen
Ministerialverordnungen, welche ausgezeichnet sind durch den Zusatz „mit Aller-
höchster Genehmigung ". Es sind das vor allem verfassungsmäßig dem König
zustehende Ausführungsverordnungen, dazu noch sonstige wichtigere Verordnungen, wegen
deren dem Könige Vortrag gehalten worden war.21) Endlich, ohne solchen Zusatz, ein-
fache Verordnungen der Minister und der sonstigen Zentralbehörden.
Der König allein zeichnet unmittelbar mit seinem Namen. Die Minister führen sich
als Neutrum ein: das Ministerium des Innern, der Justiz usw., und setzen ihren Namen
bei. Sind mehrere Ministerien an einer Verordnung sachlich beteiligt, so zeichnen sie
nebeneinander in dieser Weise.
Nicht alle Verordnungen erscheinen im Gesetz= und Verordnungsblatt.
Vor allem führt seit 1. April 1906 das Dresdener Journal den Untertitel „Königlich Säch-
sischer Staatsanzeiger“ und wird als „Verordnungsblatt der Ministerien und der Ober-
und Mittelbehörden“ bezeichnet. Die Verordnungen sämtlicher Kreishauptmannschaften
sind ausschließlich dort zu veröffentlichen (Verord. d. Min. d. Inn. v. 28. März 1900).
Auch können dringliche Verordnungen und solche von vorübergehender Bedeutung der
lung dürfte der guten Ordnung nicht entsprechen. Auch wer ipso jure Ungültigkeit behauptet, be-
darf doch wenigstens einer nachträglichen Bekanntmachung; der vorausgehende Zweifelszustand
ist aber gewiß nicht zuträglich. Vgl. über den Stand der Frage G. Meyer-Anschütz, Staats-
R. S. 579 Note 10.
18) Landt.-Ord. § 20 Abs. 2 schreibt namentliche Abstimmung vor bei „Endabstimmung
über einen Gesetzentwurf“. Als die zweite Kammer die zur Einführung des Verwaltungsorgani-
sationsgesetzes in den Schönburgischen Rezeßherrschaften erlassene Notverordnung v. 19. Sep-
tember 1874 genehmigte, sprach sich der Minister dafür aus, daß namentliche Abstimmung er-
fordert sei, „da es sich um eine Gesetzverordnung handelt“ (Landt. Mitt. 1873/74 II. K. 2/3 S.
1895). „Gesetzverordnung“ ist etwas seltsam, aber doch bezeichnend. — Die Stände beschließen in
solchen Fällen, der vorgelegten Verordnung „die verfassungsmäßige Zustimmung nachträglich
zu erteilen“" (Landtagsakten 1873/74, Ständische Schrift N. 50). Der Landtagsabschied stellt
das fest (so in dem oben erwähnten Falle der Landtagsabschied v. 10. Oktober 1874); dieser wird
nach Verf.-Urk. 8 119 im Ges.= u. Verord.-Bl. veröffentlicht (für unseren Fall Ges.= u. Verord.-Bl.
1874 S. 372). Damit sind alle Voraussetzungen eines richtigen, vom Könige erlassenen Gesetzes
erfüllt. Seine „Promulgation"“ hat dieses Gesetz durch die Veröffentlichung als Verordnung im
voraus erhalten.
19) Bek. v. 28. Dezember 1831; Ges. v. 1. Mai 1884 F 1.
20) Ges. v. 1. Mai 1884 52.
21) Verord. v. 7 November 1831, § 5; vgl. oben Note 5.