g 24. Staatshaushaltsplan und Finanzgesetz. 193
samkeit gebracht durch Allerhöchste Verordnung, welche den vom Zollverein auf Grund
der zwischen den Vereinsstaaten bestehenden Vertragsverhältnisse mit einem fremden
Staate abgeschlossenen Vertrag nebst zugehörigem Tarif verkündet. Hier pflegt dann
allerdings ausdrücklich hinzugefügt zu werden: „Unsere Behörden und Untertanen, sowie
alle, die es angeht, haben sich hiernach gebührend zu richten.“15)
Es sind selbstverständlich Rechtsvorschriften, um die es sich handelt. Heutzutage be-
sorgt diese Dinge das Reichsgesetz. —
Die beiden zuletzt erwähnten Fälle haben unverkennbar eine gewisse Ahnlichkeit mit
der in 22, 1 N. 1 behandelten Ausführungsverordnung. Das Verordnungsrecht
hängt sich hier, wie bei jener, kraft Verfassungsbestimmung an einen durchzuführenden
Staatsakt. Nur steht eben hier dieser Staatsakt außerhalb der inneren Rechtsordnung,
so daß die Verordnung zusammenhangslos und selbständig in diese hineintritt.
§ 24. Staatshanshaltsplan und Fimanzgesetz. Der Anteil des Landtages an der Ge-
setzgebung ist neues Recht des Verfassungsstaates. Sein Anteil an der obersten Regelung
der Finanzverwaltung bedeutet dagegen nur eine Umbildung und reichere Ausgestaltung
althergebrachter Zuständigkeiten der sächsischen Stände. Es war das Recht der Stände,
daß der Landesherr seine obrigkeitliche Gewalt nicht gebrauchen durfte, um neue Steuern
aufzulegen, ohne ihre jedesmalige, auf Zeit erfolgende Bewilligung. Und daß
die daraus fließenden Einnahmen auch richtig dem Zwecke gewidmet blieben,
für welche sie bewilligt worden waren, war ihnen dadurch gesichert, daß sie die Verwaltung
und Verwendung dauernd selbst in den Händen behielten durch das dem Landesherrn
gegenüber selbständige „Obersteuerkollegium“.1)
Das neue Recht setzt dafür in umgekehrter Reihenfolge:
— die Verwendung der sämtlichen Staatseinnahmen in dem von ihnen gewollten
Sinne wird jetzt den Ständen gesichert, aber nicht mehr durch eigene Verwaltung der
Gelder, sondern durch eine der Regierung auferlegte Verpflichtung,
keine abweichende Verwendung zu machen; die rechtliche Form dafür gibt die Fest-
setzung des Staatshaushaltsplanes, die naturgemäß nur auf Zeit er-
folgt.
— Steuerauflage kann nach dem neuen Verfassungsrecht nur durch Gesettz erfolgen,
welches rechtssatzweise die Untertanen so belastet, und an diesem haben die Stände ohne-
dies ihren rechtlichen Anteil, weil ein Gesetz nur mit ihrer Zustimmung ergehen kann;
um aber das alte Steuerbewilligungsrecht der Stände wiederzugeben, wird das seiner
Natur nach zu dauernden Ordnungen bestimmte Gesetz mit dem in kurzen Fristen
mithalf. Das brachte man aber so wenig zustande, daß der Minister nachher in der I. Kammer
sagen konnte: Die zweite Kammer habe nur eine „unbedeutende redaktionelle Anderung“ vor-
genommen (Landt.-Mitteil. 1850/51 I. Kamm. S. 1584). Der Berichterstatter der I. Kammer
aber faßt die Sache von vornherein als gänzlich harmlos auf; der neue Zusatz erscheint ihm „in
jeder Hinsicht gerechtfertigt und drückt nur ein Recht der Staatsregierung aus, welches schon zeither
anerkannterweise ausgeübt wurde“ (Landtagsakten 1850/51, Beil. der I. Kamm. S. 318). —
Eigentlich hätte man das Zugeständnis nur gegen Gewährung eines Zollparlaments machen dürfen.
Aber diese Sache wurde entschieden zu gemütlich behandelt.
16) Verordnung, die Publikation der zwischen den Staaten des Deutschen Zollvereins und
Frankreich abgeschlossenen Verträge betr. vom 29. Mai 1865 (Ges.= u. Verord.-Bl. S. 213).
Ebenso Verordnung vom 30. Mai 1865 zur Einführung der neuen Zollsätze für Osterreich (Ges.=
u. Berord.-Bl. S. 409).
1) Bgl. oben S. 7: Weiße, Staats-R. II S. 308; v. Römer, Staats-R. u. Statistik II
S. 561 ff.; Löbe in Schanz' Finanzarchiv II S. 589 ff.
Otto Mayer, Sächfisches Staatsrecht. 13