Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band IX. Das Staatsrecht des Königreichs Sachsen. (9)

g 24. Staatshaushaltsplan und Finanzgesetz. 203 
  
wird die bewilligte Summe auf die nächste Finanzperiode oder mehrere solcher oder un- 
beschränkt übertragbar.-) 
5. Die genaue Berechnung über Einnahme und Ausgabe in der vorletzten Finanz-= 
periode, welche den Ständen mit dem Entwurf des neuen Staatshaushaltsplanes vor- 
gelegt wird (Verf.-Urk. § 98), dient nicht nur dazu, ihnen die Beschlußfassung über diesen 
Plan zu erleichtern. Sie wird zugleich zum Gegenstand ihrer Nachprüfung: die Stände 
erhalten einen Rechenschaftsbericht.') Ihre Prüfung wird naturgemäß 
weniger die kalkulatorische Seite ins Auge fassen, als die verfassungsrechtliche. Es kommt 
für sie darauf an, ob die Regierung ihren Pflichten nachgekommen ist: ihrer Ordnungs- 
pflicht, keine Ausgabe zu machen, die nicht durch Bewilligungen des vorletzten Haushalts- 
planes gedeckt war, und ihrer sachlichen Pflicht, als guter Haushalter mit den Staats- 
geldern zu verfahren. 
Abweichungen vom Haushaltsplan sind unvermeidlich. In bezug auf die uns hier 
vor allem angehenden Ausgaben unterscheidet man Etatüberschreitungen, wo 
nur gegenüber der für einen Gegenstand bewilligten Summe eine höhere Ausgabe er- 
folgte, und Außeretatmäßige Ausgaben, die ihrem Gegenstande nach 
überhaupt unter keinem der bewilligten Posten des Haushaltsplanes unterzubringen sind. 
Für beide werden im Rechenschaftsberichte die Gründe angegeben. Zugleich wird die nach- 
trägliche Genehmigung der Stände beantragt. Solche kann nicht verweigert werden, 
wenn sachlich die Ausgabe als gerechtfertigt sich erweist, also von den Ständen hätte be- 
willigt werden müssen, wenn sie schon im Entwurf des Haushaltsplanes vorgesehen ge- 
wesen wäre.28) Das schließt nicht aus, daß die Stände gerade das zum Gegenstand einer 
Ordnungsverwahrung machen, daß sie nicht vorgesehen worden war, obwohl es hätte 
geschehen können. Andererseits sind die Stände, wenn die Ausgabe nach ihrem Ermessen 
nicht erforderlich war, dadurch daß sie tatsächlich doch gemacht worden ist, in keiner Weise 
gebunden. Sie können die nachträgliche Genehmigung verweigern. Das bedeutet die 
Behauptung einer Verfassungsverletzung; Sache der Stände ist es, mit den ihnen ge- 
gebenen Rechtsbehelfen die Folgerungen daraus zu ziehen (vgl. unten § 26, II). Eine 
vermögensrechtliche Verantwortlichmachung steht ihnen nicht zu. Sie vertreten nicht 
den Fiskus. 
26) Ges. vom 1. Juli 1904 J+7 Abs. 3. Der Zusatz wird in'gesperrtem" Druck der Bezeichnung 
des Gegenstandes der Ausgabe hinzugefügt und lautet z. B.: „Auf die nächste Finanzperiode über- 
tragbar.“ Die zur nachträglichen Verwendung übrigbleibenden Summen heißen Ausgabe- 
reservate. Sie erscheinen im späteren Haushaltsplan nicht noch einmal. Nur wenn etwa 
weitere Ausgaben für den nämlichen Gegenstand eingestellt sind, wird in der Rubrik Erläuterungen 
dazu bemerkt: im ganzen sei so und so viel noch auszugeben, darauf komme aber ein voraussichtlich 
sich ergebendes Reservat in bestimmter Höhe zum Abzug, bleibe die eingesetzte Summe. 
27) Verf.-Urk. § 98 hatte wohl die Vorlage der „genauen Berechnung“ nur in dem Sinne 
verstanden, daß den Ständen dadurch Anhaltspunkte gegeben werden zur Prafung der Erforder- 
nisse des neuen Staatshaushaltsplanes; Löbe, Etat-, Kassen= und Rechnungswesen 1. Aufl. 
S. 23. Tatsächlich hat man die Sache aber immer zugleich als Rechnungslegung behandelt; daß 
eine solche stattfinden muß, ist ja, sobald einmal ein Budgetrecht der Stände besteht, selbstver- 
ständlich. Das Staatshaushaltsges. vom 1. Juli 1904 F 33 hat jetzt diesen Rechenschaftsbericht 
ausdrücklich vorgeschrieben (Löbe, Etat-, Kassen= und Rechnungswesen 2. Aufl. S. 699). Die 
Oberrechnungskammer unterstützt die Prüfung durch einen Bericht über etwaige Unregelmäßig- 
keiten, welche das Budgetrecht der Stände berühren könnten (Oberrechnungskammerges. vom 
30. Juni 1904 8 22). 
28) Ges. vom 1. Juli 1904 8 10 Abs. 1 erklärt auf diese Prüfung den § 97 der Verf.-Urk. 
anwendbar, in welchem ja die Verpflichtung der Stände hervorgehoben ist; vgl. oben N. 2.
	        
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