Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band IX. Das Staatsrecht des Königreichs Sachsen. (9)

25. Die Staatsschuldenkasse. 209 
  
Der Fall gehört genau genommen nicht hierher. Von einem wesentlichen Zusammen- 
hang mit dem aufgestellten Staatshaushaltsplan ist ohnehin keine Rede; es ist eine außer- 
ordentliche Maßregel, die schließlich auf den Staatshaushalt zurückwirkt, wie so manches 
andere; aber mit den Regeln über Aufstellung von Staatshaushaltsplan und Finanzgesetz 
hat sie nichts zu tun. 
8§ 25. Die Staatsschuldenkasse. Die Doppelung der Finanzwirtschaft 
im alten Staatswesen äußerte sich besonders kräftig auf dem Gebiete der Staatsschulden. 
Die Schulden machte ursprünglich immer der Kurfürst allein, für „Kriege, Aufwand auf 
die polnische Krone und manche andere übel“.1) Dann ging er an die Stände, um die 
Deckung bewilligt zu erhalten. Das konnte namentlich in der Form geschehen, daß die 
Stände diese Schulden auf ihre Steuerkasse übernahmen und Steuerscheine dafür aus- 
stellten. So entstanden landschaftliche Schulden neben den landes- 
herrlichen Schulden, Steuerschulden neben den Kammerschul- 
den. Denn der Landesherr hatte freie Hand behalten, auch seinerseits besondere Gläu- 
biger zu suchen; nur hatten diese keinen Anspruch darauf, aus Steuergeldern gedeckt zu 
werden. 
Nach dem Hubertsburger Frieden waren die Steuerschulden derart angewachsen, 
daß eine strenge Ordnung für die Sicherung der Zinszahlung und einer allmählichen 
Tilgung getroffen werden mußte. Kurfürst und Stände kamen überein, zu diesem 
Zwecke eine besondere Steuerkreditkasse zu schaffen, die von den ihr über- 
wiesenen Steuern genährt und von Deputierten der Stände (aus Ritterschaft und Kreis- 
städten) zu leiten war.:) Nach ihrem Muster wurde dann 1765 für die Deckung der 
Kammerschulden eine besondere Kammerkreditkasse errichtet, diese unter der 
Leitung des geheimen Finanzkollegiums, ganz dem kurfürstlichen Beamtentum zu- 
ständig.) 
In dieser Weise wirtschafteten die beiden Schuldenbesorgungsanstalten nebeneinander 
bis zum Erlaß der Verfassung. Damit wird auch für diesen Punkt die Einheitlichkeit des 
Staates durchgeführt. Nach dem sonst überall befolgten Grundsatz, daß der Landesherr 
und seine Leute die Geschäfte des Staates verrichten, die Stände beschränkend 
und überwachend daneben stehen, hätte die bisherige Kammerkreditkasse den Kern der 
neuen Einrichtungen zu bilden gehabt. Allein hier ist es ausnahmsweise einmal umgekehrt 
gemacht worden: die Steuerkreditkasse ist der überlebende Teil. Ihre Einrichtungen. 
sind maßgebend geworden für die neue Staatsschuldenkasse, welche nunmehr 
die Sorge für alle Arten von Staatsschulden ungeteilt vereinigt. Danach liegt aber hier 
1) v. Römer, Staats-RK. und Statistik II S. 622. 
2) Weiße, Staats-R. II S. 343; v. Römer II S. 622 ff. Der entscheidende Akt der 
Gründung der Steuerkreditkasse ist die „Deklaration sämtlicher Stände des Churfürstentums 
Sachsen, die unter höchster Approbation errichtete Steuer-Kredit-Kasse betr., vom 10. Okt. 1763“ 
Cod. August, Forts. II. Abt. S. 299 ff. Die Stände sind also die eigentlichen Gründer. Die alten 
Schuldscheine wurden durch Ausgabe von „landschaftlichen Obligationes“ eingelöst, was als 
eine Erhöhung der Sicherheit betrachtet, dafür aber auch mit einer Herabsetzung des Zinsfußes 
verbunden war. Die landschaftlichen Obligationen sollten von einem ritterschaftlichen und einem 
städtischen Deputierten unterschrieben und von dem Buchhalter der Steuerkreditkasse kontrasigniert 
sein. Das wirkt heute noch nach in der Art, wie die Staatsschuldverschreibungen ausgefertigt 
werden. 
3) Weiße, Staats-R. II S. 337. Die Deckung wurde hier wesentlich geliefert durch die 
Erträgnisse der Domänen. 
Otto Mayer, Sächsisches Staatsrecht. 14
	        
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