8 27. Entwicklungsgeschichte der Sächsischen Behördenordnung. 229
richtsbarkeit neben und über der patrimonialen auszuüben. Selbstverständlich
verbindet sich damit die Verwaltung der dem Sitze des Amtes entsprechenden Güter
und Einkünfte des Landesherrn, und als der neue triebkräftige Zweig staatlicher
Tätigkeit aufkam, den der Name Polizei bezeichnet, da wuchs er diesen Behörden
zu, um ihre Aufgabe, die allgemeine Vertretung staatlicher Interessen in ihrem Bezirk
zu sein, zu deutlichstem Ausdruck zu bringen. 15)
Kurfürst August, der die Erblande zu einen „unzertrennlichen Landeskörper“ er-
einigte und sie unter ein einheitliches Landeskollegium stellte, setzte auch die Kreis=
einteilung in Wirksamkeit, die schon durch die angestrebte äußerliche Gleichwertigkeit
dieser Kreise auf die Verwaltungszwecke hinwies, denen sie dienen sollte. 14)
In jedem Kreise sollte das landesherrliche Beamtentum stufenweise sich aufbauen,
wie folgt:
Die Amter blieben nach wie vor die Grundlage. Über mehrere Amter werden
Amtshauptleunte gesetzt, welche zugleich die unteren patrimonialen Amter und
die Gemeindeobrigkeiten beaufsichtigen. Darüber steht dann für den ganzen Kreis der
Oberhauptmann, nachher Kreishauptmann genannt.¼7) Für die Justiz bilden
die Amtshauptleute eine Behördenstufe insofern, als sie zugleich mit der unmittelbaren
Verwaltung eines Amtes (Justizamtes) betraut sind; die Kreishauptleute sind das niemals.
So tritt hier die Verwaltung, insbesondere die Polizei selbständiger in den Vordergrund.1s)
Diese beiden Mittelbehörden scheinen sich in der Wirklichkeit nicht so kräftig entwickelt
zu haben, wie es die Absicht gewesen sein mag. Im Jahre 1816 wurden sie noch einmal
ausführlich geregelt. 15)
ministratoria unterschieden.“ — Unter „Erbgerichtsbarkeit“ wird eine Unterart der Patrimonial-
gerichtsbarkeit verstanden. Sie kennzeichnet sich durch geringere Zuständigkeit (niedere Gerichts-
barkeit, beschränkte Strafbefugnisse); manchmal begreift sie nur gewisse Akte der freiwilligen Rechts-
pflege, zu welchen der Besitz eines bestimmten Grundstückes befugt macht: v. Römer , Staats-R.
u. Statistik II S. 304, 379 ff.; Weiße, Staats-R. II S. 39 ff.
15) „Beamte heißen die mit der Verwaltung solcher Amter Betrauten, im Gegensatz
also zu den Mitgliedern der Landes-Kollegia. So J. J. Moser, Von der Landeshoheit in Re-
gierungssachen überhaupt (1772) Cap. III § 3. Wabst, Historische Nachricht S. 257, versteht
darunter sogar nur die niedersten Landesherrlichen Behörden, die Amtleute, früher-Schösser ge-
nannt. Das sind die „Herren Beamten“ (S. 254), im Gegensatz nicht bloß zu den Mitgliedern der
Landeskollegien, sondern auch zu den über sie gestellten Mittelbehörden.
16) Vgl. oben S. 3 und S. 4. Die Kreiseinteilung schloß sich teilweise an geschichtlich Gegebenes
an, verfügte aber doch so frei „rationalistisch“, daß der staatsmännische Gesichtspunkt deutlich
hervortritt. Daß die Einteilung auch ständischen Zwecken dienstbar gemacht wird, ist wohl erst die
Folge. Bgl. Weiße, Staats-R. I. S. 172 ff.
17) Wabst, Historische Nachrichten S. 253 ff., gibt ein Verzeichnis der damals (1732) be-
stehenden Verwaltungsbehörden und ihrer Besetzung. Danach waren es 5 Kreishauptleute, 21 Amts-
hauptleute, dazu 70 Amter, teilweise mit 2 und 3 „Beamten“ beseztzt.
18) Das Verhältnis wird ersichtlich aus der „Erledignug der in Anno 1658 und 1657 von der
Landschaft . . übergebenen Gebrechen“ vom 22. Juni 1661 (Cod. August. I S. 195 ff.). Dort
verspricht der Kurfürst zu § 40: „Es sollen auch die Amter, in denen es notwendig, mit geschickten,
gelehrten und Rechts-erfahrenen Hauptleuten versehen, und dieselben dahin befehlichet werden,
daß sie, neben denen Beamten, die Commissions= und andere dergleichen Justitien-Sachen, denen
Rechten und der Billigkeit gemäß, ohne sonderbare Geldspilterung, schleunigst verrichten sollen.“
Die süüns= Behördenordnung ist selbstverständlich in der Hand des Fürsten auf das leichteste be-
weglich. #
19) Generale, die Bekanntmachung der Instruktionen für die Kreis- und Amtshauptleute
vetr., vom 22. Juni 1816. Schon vorher hatte unter der Administration des Prinzen Kaver ein
Wiederbelebungsversuch stattgefunden. Die 1784 gedruckte Schrift: Lesprit et le systeme du
gouvernement de la Saxe depuis la mort du feu roi Auguste III jusqu'a l’année 1765 (F. W.
Ferber) — zu Ehren des Prinzen Taver und zu Unehren des Ministers Graf Brühl verfaßt —