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aber auch die „Kreishauptmannschaft“ das entsprechende Gebiet. Durch Ges. vom 9. Juli
und Verordnung vom 10. Juli 1900 wurde eine neue Kreishauptmannschaft zu Chemnitz
errichtet, deren Bezirk von dem der Kreishauptmannschaft Zwickau losgetrennt wurde.
Seitdem gibt es fünf Kreishauptmannschaften.
Die Kreishauptmannschaft besteht aus dem Kreishauptmann als Vorstand,
den zu seiner Stellvertretung und Unterstützung erforderlichen Beamten (Regierungs-
räten); dazu das nötige Kanzleipersonal (Org.-Ges. s 24).7)
Die Kreishauptmannschaft bildet demnach eine „bureaukratisch organisierte“, eine
Vorstandschaftsbehörde. s) In ihrem Namen handelt der Kreishauptmann und
wer ihn jeweils zu vertreten berufen ist. Für besondere Fälle ist aber vorgeschrieben, daß
die Kreishauptmannschaft kollegialisch nach dem Rechte der Mehrheitsbeschlüsse ent-
scheide. Sie bildet dafür eine Gesamtbehörde von drei Mitgliedern, dem Kreishaupt-
mann (oder seinem bestellten Vertreter) als Vorsitzendem und zweien der ihm beigegebenen
Beamten.)
Dazu kommt dann noch als dritte Form, in der bei der Kreishauptmannschaft staatliche
Verwaltungstätigkeit geübt wird, der Kreisausschuß. Da neben der Kreishaupt-
mannschaft ein Selbstverwaltungskörper nicht besteht, werden die ehrenamtlichen Mit-
glieder des Kreisausschusses geliefert von den Vertretungen der Selbstverwaltungs-
körper der nächstunteren Stufe: der Bezirksverbände (Bezirksversammlung) und der
unmittelbaren Städte (Dresden, Leipzig, Chemnitz, Plauen und Zwickau). In den Re-
gierungsbezirken Dresden, Leipzig und Zwickau wählen diese Vertretungen je ein Mitglied,
in den Regierungsbezirken Bautzen und Chemnitz je zwei. 10) Der Kreishauptmann (oder
sein Vertreter) führt den Vorsitz; er kann auch für den einzelnen Beratungsgegenstand
noch ein zweites Mitglied seiner Behörde mit vollem Stimmrecht zuziehen.!)
Dieserdreifach verschiedenen Tätigkeitsform der kreishauptmannschaftlichen Verwaltungs-
stufe entspricht denn auch die Unterverteilung der dieser Stufe zugewiesenen Verwaltungs-
geschäfte wie folgt:
1. Der Kreishauptmann als Vorstand der Behörde hat die Hauptmasse
der Geschäfte allein zu vertreten, und zwar führt er diese auf zweierlei Weise.12)
7) Beispielshalber ist die Kreishauptmannschaft Bautzen (die kleinste) laut Staatshandbuch
1908 besetzt wie folgt: 1 Kreishauptmann, 1 Stellvertreter des Kreishauptmanns, 6 Räte und
Hilfsarbeiter, 1 Gewerbetechnischer Rat, 1 Medizinischer Beirat, 1 Obersekretär, 4 Sekretäre,
3 Bureauassistenten, 1 Expedient. — Auch der Name Regierungsrat stammt aus der Kreisdirek-
tionszeit; Verord. vom 6. April 1835 F 14.
8) Vgl. oben #§ 27 Note 1.
9) Org. Ges. 5 25. Es kommen nur die juristisch ausgebildeten in Betracht; vgl. oben Note 2.
Das Gesetz sieht nötigenfalls eine Aushilfe vor durch , andere zur Ausübung richterlicher Funktionen
befähigte Personen“, die das Ministerium dazu beauftragt; „andere“ als die ständigen Be-
amten der Kreishauptmannschaft sind gemeint.
10) Ges. vom 30. April 1906, das Ausscheiden der Stadtgemeinden Plauen und Zwickau
betr., Art. 1I. Nach der Zahl der in jedem Regierungsbezirke enthaltenen Bezirksverbände (Amts-
hauptmannschaften; vgl. unten Note 20) berechnet sich demnach die Zahl der gewählten Kreis-
ausschußmitglieder. Es zählt der Kreisausschuß im Regierungsbezirk Bautzen 8, Chemnitz 12,
Dresden 8, Leipzig 7 und Zwickau 12 solcher Mitglieder.
11) Org.-Ges. #J 29 Abs. 4. Vorausgesetzt ist, daß der Zugezogene zugleich als Referent in
der Sache dienen soll.
12) Der Regierungsentwurf hatte die Obliegenheiten des Kreishauptmanns einfach gruppen-
weise hintereinander aufgezählt. Die jetzige Gliederung des Stoffes in § 23 stammt von der Depu-
tation der I. Kammer her. Es sollen dadurch, wie der Berichterstatter sagt, „die einzelnen Ge-
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