m#31. Verwaltungsgerichte und Kompetenzgerichtshof. 265
Kraft des von der oberen Stelle geäußerten Staatswillens zu unmittelbarem Aus-
druck.
3. Zum Schutze der Beteiligten wird das Unterordnungsverhältnis verwertet in dem
Rechtsmittel des Rekurses (Org.-Ges. § 31). Es kann geltend gemacht werden gegen
jeden in erster Instanz erlassenen Verwaltungsakt („Beschlüsse, Verfügungen und Ent-
scheidungen") von dem, über welchen dieser Akt ergangen ist, d. h. für welchen er Rechts-
wirkungen hervorgebracht oder verweigert hat hervorzubringen, wo er es hätte sollen.:)
Ausgeschlossen ist das Rechtsmittel, wenn der Weg des Einspruchs oder der Verwaltungs-
rechtsweg eröffnet ist. Der Rekurs wendet sich an die nächstvorgesetzte Behörde und muß
bei dieser eingegangen sein binnen 14 Tagen von der Bekanntgabe des angefochtenen
Verwaltungsaktes.25) Wo nicht, so ist das Rekursrecht verloren. Ist aber der Rekurs
rechtzeitig eingelegt, so entsteht für den Beteiligten ein Recht auf nochmalige Prüfung
seiner Sache und entsprechenden Bescheid. Insofern das zur Aufhebung oder Anderung
des angefochtenen Aktes führt, wird darin wieder die rechtliche Ubermacht des von der oberen
Stufe zu äußernden Staatswillens wirksam.
Ein weiterer Rekurs findet grundsätzlich nicht statt. Das Gesetz gibt nur zwei Ver-
waltungsinstanzen.) Die Aufsichtsbeschwerde, d. h. die Anrufung des Ein-
schreitens der Oberbehörde von Amts wegen, bleibt offen; sie bedeutet nur eben kein Recht
auf Prüfung und nochmaligen Ausspruch. Vor allem aber eröffnet sich gerade mit Er-
ledigung der zweiten Instanz unter gewissen Voraussetzungen die Möglichkeit einer An-
fechtungsklage vor dem Verwaltungsgericht.
§ 31. Verwaltungsgerichte und Kompetenzgerichtshof. Wenn auch auf der un-
tersten Stufe die völlige Trennung von Justiz und Verwaltung erst später zur Durch-
führung kam, so hatten sich doch schon zur Zeit, da die Verfassung erschien, für die Ober-
instanzen reine Justizbehörden herausgebildet (vgl. oben § 27, 1I). Die Verf.-Urk. trug
Sorge, die völlige Unabhängigkeit dieser Gerichte „von dem Einflusse der Regierung“
förmlich zu gewährleisten (§ 47 Abs. 1). Damit ist die alte Vorstellung von der Justiz als
einer Dienerin der vom Landesherrn zu handhabenden „guten Polizei“ (vgl. oben 8 27
Note 8) endgültig beseitigt. Umgekehrt erscheint jetzt die gebührende Selbstständigkeit
der Verwaltung dieser Machtstellung der Justiz gegenüber in Frage gestellt. Das führt
alsbald die Notwendigkeit herauf, den beiderseitigen Herrschaftsbereich genauer abzu-
grenzen.
Der Regierungsentwurf der Verf.-Urf. § 45 hatte nämlich bestimmt: „ Keinem
Untertan, der sich durch einen Akt der Staatsverwaltung in seinen auf privatrechtlichen
Titeln beruhenden Gerechtsamen verletzt glaubt, kann der Rechtsweg verschlossen werden.“
Die Stände verlangten die Worte „in seinen auf privatrechtlichen Titeln beruhenden
Akten 1899/1900 Ber. d. II. Kammer 1. Bd. S. 12). Die hier entstandenen Streitfragen haben
ihre Erledigung gefunden durch die Abhandlung von Rumpelt in Fischers Ztschft. XXIV:
„Nichtigkeits= und Aufsichtsbeschwerde in reinen Verwaltungssachen.“
28) Die Unterbehörde hat kein Beschwerderecht gegen den Akt der Vorgesetzten, der ihr,
wie sie glaubt, die Amtstätigkeit stört. Das wäre eine patrimoniale Auffassung. Vgl. O. V. G.
vom 18. Mai 1901 (Jahrb. 1 S. 52). Anders, wo ein Selbstverwaltungsrecht der zuerst entschei-
denden Behörde auszuüben ist; vgl. unten § 32 Note 74. Dort erscheinen wirklich derartige An-
fechtungsrechte, wie wir sie hier als „patrimonial“ verwerfen müssen.
29) Über die Form der Bekanntgabe: Verord. vom 3. Sept. 1888, die Zustellung behörd-
licher Zufertigungen in Verwaltungssachen betr.
30) Org.-Ges. §J 32. UÜber die wenigen Ausnahmen vgl. F. Wach, Org. Ges. S. 112 Note 1.