g 31. Verwaltungsgerichte und Kompetenzgerichtshof. 269
damals das Gesetz, das Verfahren in Administrativjustizsachen betr., vom 30. Januar
1835, auch kurz als das D-Gesetz bezeichnet.)
Es handelt sich dabei um Nachbildungen teils des Zivilprozesses (Administrativstreitig-
keiten unter Privaten"), teils des Strafprozesses („Administrativ= und Polizeistrafsachen").
Die ersteren (D-Gesetz § 1) setzen voraus „eine zur Kompetenz der Verwaltungs-
behörde gehörige Sache“, Verwaltungssache. Und zwar muß es eine „Irrung“
sein, eine der Entscheidung nach Rechtsgrundsätzen bedürftige, weil unter Wider-
spruch gestellte Verwaltungssache, was ja nur bei einem engeren Kreise zutrifft.
Und dieser Widerspruch endlich muß „unter Privaten“ erhoben sein; es müssen sich „dabei
mehrere Beteiligte einander gegenüber stehen, welche gewisse Befugnisse in
Anspruch nehmen oder die ihnen angesonnenen Verbindlichkeiten bestreiten.“ Das Wesen
der Administrativjustizsache besteht dann darin, daß diese Beteiligten in dem zur Ent-
scheidung führenden Verfahren als Parteien behandelt werden. Sie haben alle die
Rechte und alle die bekannten Einwirkungen auf die obrigkeitliche Tätigkeit, welche einer
Partei im Prozesse zustehen, und als letzte Folge schließt sich daran der Satz (§ 13):
„Die Entscheidungen in Verwaltungsstreitigkeiten gehen in Rechtskraft über.“
Alle Behörden der allgemeinen Landesverwaltung, wie sie „in jedem einzelnen Falle
nach dem Umfange ihres verfassungs= und gesetzmäßigen Wirkungskreises“ (§ 3) mit einer
derartigen Verwaltungsstreitigkeit befaßt werden, haben sie alsbald in der ihr eigentüm-
lichen Weise zu behandeln und werden also dabei zu Verwaltungsgerichten.)
Die verschiedenen Unterbehörden (Justizämter, Lokalpolizeibehörden, Patrimonialobrig-=
keiten usw.), die Kreisdirektionen, die Ministerien bilden unter sich einen dreistufigen
Instanzenzug. Die Kreisdirektion entscheidet dabei kollegial 2), beim Ministerium hat sich
eintretendenfalls der Minister mit zweien seiner Räte und zwei ständig dafür bezeichneten
Räten der obersten Justizstelle „zu einem Kollegio zu konstituieren“ (§ 18).
Das, was wir jetzt Verwaltungsrechtspflege nennen, hat also seine Ausprägung
wesentlich erhalten in Gestalt der „Parteistreitigkeit des öffentlichen
Rechtes“, wo ja allerdings das entscheidende Element des Prozeßverfahrens am greif-
barsten zutage trat. Das D-Gesetz kennt daneben noch Administrativjustizsachen, in welchen
nur eine Partei vor der Behörde steht. Dahin gehören die „Verwaltungsstrafsachen“,
welche die Form der „Untersuchung“ annehmen „nach dem im hiesigen Lande üblichen
Denunziations= und Rügenprozesse“ (5 34 ff.). Vor allem aber gehört dahin auch der
„Rekurs im Administrativjustizwege“ (§33): wer sich durch eine Verfügung der staatlichen
6) Die Administrativjustiz war gerade damals in der Literatur sehr lebhaft behandelt worden:
v. Pfizer, üÜber die Grenzen zwischen Verwaltungs= und Zivil-Justiz 1828; v. Weiler,
Über Verwaltung und Justiz und über die Grenzlinie zwischen beiden 1830; Pfeiffer, Prak-
tische Ausführungen Bd. III, 1831. Der Einfluß dieser Auseinandersetzungen ist auch an der Säch-
sischen Gesetzgebung zu erkennen.
7) Bedingung ist, daß die Verwaltungsbehörde „mit wenigstens Einer zum Richteramte
juristisch befähigten Person besetzt sei“ (-Ges #& 4). Ist diese Bedingung nicht erfüllt, was nament-
lich bei Unterbehörden in der ersten Zeit leicht vorkommen konnte, so bleibt die Behörde doch fähig
die Sache zu behandeln, aber eben nur verwaltungsmäsßig, nicht als Verwaltungsgericht mit Urteil
und Rechtskraft.
8) Verord. wegen Errichtung von Kreisdirektionen vom 6. April 1835 5 17. Die Kreishaupt-
mannschaft nach dem Org.-Ges. vom 21. April 1873 entscheidet auch in Justizsachen kollegialisch
in dem für sie regelmäßigen Fall, daß sie als II. Instanz dazu kommt (Org.-Ges. § 25); wo sie aus-
nahmsweise in I. Instanz berufen ist (Org.-Ges. § 23 II a 1.), ist ihr damals kollegiale Besetzung
nicht vorgeschrieben.