Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band IX. Das Staatsrecht des Königreichs Sachsen. (9)

276 Fünfter Abschnitt: Die Staatsbehörden. g 31. 
  
Die Wirkung des rechtskräftigen Urteils bekommt hier ihre Eigentüm— 
lichkeiten dadurch, daß es sich um eine beschränkte Rechtspflege und regelmäßig auch um 
ein Verfahren mit nur einer Partei handelt. Wir unterscheiden danach: 
Wird die Anfechtungsklage abgewiesen, so ist für den Kläger das Rechtsmittel erschöpft; 
er darf mit einer neuen Klage gegen den nämlichen Verwaltungsakt nicht mehr gehört 
werden. Anderung und Zurücknahme desselben auf anderem Wege ist dadurch in keiner 
Weise ausgeschlossen. 
Findet das Oberverwaltungsgericht die Klage begründet, so hebt es den angefochtenen 
Akt auf. Im weiteren kommt es aber dann darauf an, ob die Sache spruchreif ist, d. h. 
auf Grund der in dieser beschränkten Verwaltungsrechtspflege vorgenommenen Prüfung 
sofort erledigt werden kann. Das wird dann der Fall sein, wenn diese Erledigung 
ganz und gar sich ergibt aus der vom Gerichte festgestellten richtigen Rechtsanwendung. 
Dann spricht es zugleich aus, was für den Kläger in diesem bestimmten Verhältnisse 
Rechtens ist, mit der gewöhnlichen Wirkung der Rechtskraft nach Verw. R. Pfl. Ges. § 61.232) 
Ist dagegen die Sache so gelagert, daß die vom Gerichte vollzogene Rechtsanwendung 
sie noch nicht zu erledigen vermag, vielmehr erst noch weitere Amtshandlungen, Erhebungen, 
Feststellungen und Erwägungen notwendig sind, dann wird sie an die Behörde zurück- 
verwiesen, deren Entscheidung aufgehoben worden ist. Das kann der Fall sein bei 
Aufhebung wegen unrichtiger Rechtsanwendung, wenn nunmehr ein tieferes Eingehen 
in die Sache geboten ist, welches die Behörde, ihrer Entscheidung entsprechend, vermieden 
hatte; vor allem trifft es zu, wenn Entscheidung und Verfahren aufgehoben worden sind 
wegen wesentlicher Mängel des letzteren. Die Behörde ist dann für die weitere Behand- 
lung der Sache gebunden an das Urteil, und zwar nicht bloß so, daß sie „die rechtliche 
Beurteilung, welche der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch ihrer Entscheidung zugrunde 
keine (Landt.-Akten 1899/1900 Kgl. Dekrete 3, 1 S. 311). Wenn der Vertreter des öffentlichen 
Interesses das Verfahren zu betreiben hat (&+77 Abs. 3), so tritt auch dadurch keine Partei auf (vgl. 
oben Note 15). Selbstverständlich wird hier immer, um dem ergehenden Abänderungsurteil Wirk- 
samkeit zu sichern, die Beiladung des Beteiligten, der der Behörde gegenüber stand, notwendig 
sein. Und dadurch kommt dann auch hier eine Partei in das Verfahren hinein. 
32) Entsprechend Z. Pr. O. § 565 Abs. 3; Stf. Pr.O. § 394. Der Unterschied ist allerdings, 
daß das Reichsgericht aufhebt „wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das 
(vom angefochtenen Urteile) festgestellte Sachverhältnis“", das O. V.G. wegen Gesetzesverletzung 
bei Anwendung des Gesetzes auf das wirkliche, von ihm selbst festgestellte Sachverhältnis. Dieser 
Unterschied wird aber in diesem Fall an der Rechtskraftwirkung nicht fühlbar. 
Unrichtig scheint es mir zu sein, wenn die Begründung (Landt.-Akten 1899/1900 K. Dekrete 
3, 1 S. 311, 312) hier zwei „Möglichkeiten“ vorsieht: „entweder es ist mit der Auf- 
hebung der angefochtenen Entscheidung die Sache überhaupt erledigt, z. B. wenn die Steuer- 
pflicht des zu den Gemeindeanlagen herangezogenen Klägers ganz allgemein verneint . . worden 
ist, der es muß die durch die Beseitigung der angefochtenen Entscheidung entstandene Lücke 
durch eine anderweite sachliche Festsetzung ausgefüllt werden“, indem das O. V. G. „z. B. anstatt 
des für unrichtig befundenen den richtigen Steuersatz feststellen kann“. Auch im ersten Falle näm- 
lich hebt das O. V.G. doch nicht bloß auf, sondern bestimmt: Kläger kann nicht zur Steuer heran- 
gezogen werden, es „erkennt auf Freisprechung“, wie das Reichsgericht. Sonst stünde nichts im 
Wege, daß die Veranlagungsbehörde gegen den siegreichen Kläger einfach von vorne anfinge. 
Die Gebundenheit an die „Rechtsanschauung“ des O. V.G. nach Verw. R. Pfl. Ges. J 82 Abf. 3 
könnte dabei vollauf beobachtet werden; man müßte nur den Tatbestand entsprechend „feststellen“, 
wie das ja unsere Oberlandesgerichte dem Reichsgericht gegenüber so ausgezeichnet zu machen 
wissen. Nun ist aber in Wirklichkeit auch diese Feststellung durch das O. V.G. gebunden; das be- 
deutet doch die „Freisprechung", die im Sinne des Gesetzes hier zu erfolgen hätte. 
Nach der Art, wie das Rechtsmittel gestaltet ist, wird das sachliche Rechtsverhältnis nur dann 
unberührt bleiben, wenn die Aufhebung lediglich geschieht wegen „Nichtbeobachtung wesentlicher 
Formvorschriften“. .
	        
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