Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band IX. Das Staatsrecht des Königreichs Sachsen. (9)

298 Sechster Abschnitt: Die Selbstverwaltung. g 33. 
  
4. Die Verwaltungseinrichtungen des Gutsbezirks können sich leicht als unzulänglich 
erweisen. Die Abhilfe ergibt sich dann am einfachsten in Gestalt einer Anlehnung 
an die entsprechende Ortsgemeinde. 
Das Gesetz hat das geradezu vorgeschrieben für die Aufstellung von Listen und Ver- 
zeichnissen für staatliche Zwecke (Steuern, Wahlen, Geschworene, Militärersatzgeschäft): 
die Bewohner des Gutsbezirks sind in die Gemeindeliste einfach mit aufzunehmen. Der 
Gutsherr entrichtet der Gemeinde eine angemessene Vergütung.) 
Im übrigen ist es dem Übereinkommen zwischen dem Gutsherrn und der Gemeinde 
— mit Genehmigung der Aussichtsbehörde — freigestellt, alle Arten von Gutsvorsteher- 
geschäften dem Gemeindevorstande zur Besorgung zu übertragen. Diese bleiben dann 
doch Gutsbezirkssachen; der Gutsherr hat dafür der Gemeinde eine angemessene Ent- 
schädigung zu leisten.15) 
II. Mehrere Gemeinden können zur Besorgung gemeinsamer Angelegenheiten ver- 
einigt werden. Sie bilden dann eine rechtliche Einheit, in deren Namen diese Angelegen- 
heiten zu verwalten sind. Den Gemeinden gleichgeachtet, können auch selbständige Guts- 
bezirke in solchen Gemeinschaften begriffen sein. Nach dem wichtigeren Bestandteil nennt 
man alle diese Gemeinschaften Gemeindeverbände. Im engeren Sinne sollen 
darunter nur die Vereinigungen einzelner Gemeinden und Gutsbezirke 
verstanden sein, wie sie unterhalb der Amtshauptmannschaft frei sich bilden mögen. Als 
höhere Stufe der nämlichen Rechtsform erscheint dann neben der Amtshauptmannschaft 
der Bezirksverband, und darüber hinaus, nach der räumlichen Ausdehnung 
wenigstens als umfassendster Verband, der der Kreisstände, Kreiskorporationen 
oder Provinzialstände. 
1. Um die eine oder andere Angelegenheit örtlicher Verwaltung zweckmäßig und 
namentlich auch billig zu erledigen, kann es geboten sein, daß die Nachbargemeinden sich 
dafür zusammentun. Das wird naturgemäß vor allem der Fall sein können bei Gemeinden 
geringerer Art und selbständigen Gutsbezirken. Daher auch das ganze Verhältnis seine 
Regelung gefunden hat in der L. G.-Ord. Die städtischen Ordnungen verweisen nur auf 
entsprechende Anwendung.15) 
Gegenstand eines solchen Gemeindeverbandes können alle Arten von „Ge- 
meindezwecken“ werden, insbesondere ist auch die Polizeiverwaltung hervorgehoben, 
also der übertragene Wirkungskreis.20) 
Die Vereinigung wird begründet durch freiwilliges Ubereinkommen der 
beteiligten Gemeinden und Genehmigung der Aufsichtsbehörde.21) Dabei ist ein Statut 
  
herrn sein, abgeschlossen kraft öffentlichrechtlicher Zwangsersatzvornahme und verbunden mit 
geichzeitiger Begründung der erforderlichen öffentlichrechtlichen Dienstpflicht gegenüber dem 
Staate. 
17) L. G.-Ord. § 87. 
18) L. G.-Ord. 88. 
19) L.G.-Ord. § 89V—92; Rev. St.-Ord. 87 Abs. 2. Zwischen selbständigen Gutsbezirken allein 
gibt es solche Verbände nicht. Ein richtiges Gemeinwesen muß immer dabei sein. 
20) O. V. G. 18. Juni 1906 (Jahrb. IX S. 167) handelt von einem nicht ohne Schwierigkeiten 
fertig gewordenen Verband zwecks Anstellung eines gemeinsamen Schutzmannes. 
21) L.G.-Ord. 8 89 Abs. 1. Die Genehmigung erteilt der Bezirksausschuß als „zur Entschei- 
dung berufenes Organ“: Organis. Ges. 3 11 A Ziff. 8; L.G.-Ord. § 94 Abs. 1; St.-Ord. f. mittl. 
u. kl. St. Art. VI. Ist eine Stadt mit Rev. St.-Ord. beteiligt, so entscheidet der Kreisausschuß (Org. 
Ges. J 27 A Ziff. 4).
	        
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