300 Sechster Abschnitt: Die Selbstverwaltung. g 33.
Die Bezirksversammlungbesteht aus dem Amtshauptmann als Vorsitzendem
und mindestens 24 gewählten Mitgliedern. Von den letzteren wird ein Drittel gewählt
durch die Höchstbesteuerten des Bezirks. Die anderen zwei Dritteile stellen die Städte
und die Landgemeinden nach Verhältnis ihrer Bevölkerungszahl. Die auf die Städte
treffenden Abgeordneten werden durch die Stadtgemeinderäte oder durch die vereinigten
Stadträte und Stadtverordneten gewählt. Die ländlichen Abgeordneten wählen die Ge-
meindevorstände und Besitzer selbständiger Güter.
Der Bezirksausschuß besteht aus dem Amtshauptmann als Vorsitzendem
und mindestens acht gewählten Mitgliedern. Die Wahl geschieht durch die Bezirksver-
sammlung. Es müssen aber mindestens zwei Mitglieder aus den Kreisen der Höchstbe-
steuerten gewählt werden, ferner zwei aus der städtischen und zwei aus der ländlichen
Bevölkerung.
Der Bezirksausschuß ist für den Bezirksverband, was der Stadtrat für die Stadt:
er vertritt den Selbstverwaltungskörper „gegenüber den Bezirksangehörigen und nach
außen,“ also schlechthin: er verwaltet die Bezirksanstalten und das Bezirksvermögen,
stellt den Haushaltsplan und die Rechnungen aufj; seine Mitglieder, auch soweit sie nicht
Mitglieder der Bezirksversammlung sind, nehmen an deren Beratungen teil. 7)
Die Bezirksversammlung ist demgegenüber das Seitenstück der Volksvertretung in
der Gemeinde, also des Stadtverordnetenkollegiums: sie vertritt den „Verband“, d. h.
die Gesamtheit der zu diesem Selbstverwaltungskörper vereinigten Verwaltungseinheiten,
Städte, Landgemeinden und selbständige Gutsbezirke.30) Zu dem Zwecke sind ihr die
üblichen Uberwachungs= und Genehmigungsrechte zugeteilt und ist ihr die Beschlußfassung
vorbehalten für die wichtigsten Dinge: Bestimmung der Bezirksangelegenheiten, Be-
messung des Aufwandes dafür, Aufbringung der Mittel durch Anleihen oder Bezirks-
steuern. Diese letzteren werden auf die einzelnen Gemeinden ausgeschlagen und aus
den Gemeindekassen bezahlt. Die Besitzer selbständiger Güter und die sonst dort Woh-
nenden, sowie der Staatsfiskus werden verhältnismäßig herangezogen. Die Leistungen
an direkten Staatssteuern geben den Maßstab. #1)
3. Die Markgrafschaften Ober= und Niederlausitz hatten beide ihre besonderen Land-
tage mitgebracht; nach 1815 bestand der Landtag der verbliebenen Oberlausitz neben
dem erbländischen fort, um die Sonderangelegenheiten dieses Landes wahrzunehmen
(ogl. oben § 3 S. 6). Die Erblande waren zwar längst in Kreise eingeteilt, aber der ge-
meinsame Landtag ließ hier ein selbständiges Provinzialwesen nicht recht aufkommen.
Erst im 18. Jahrhundert wurden auch hier „Kreiskonvente“ oder „Kreistage“ üblich:
Zusammenkünfte der dem Kreise angehörigen Landstände, Rittergutsbesitzer und Städte-
obrigkeiten. Noch durch Reskript vom 10. August 1821 wurde für diese Versammlungen
eine „Allgemeine Kreis-Tags-Ordnung“ erlassen, die im wesentlichen nur anerkannte,
was in Ubung stand.
29) Bez.-Verb.-Ges. # 24.
30) Bez.-Verb.-Ges. § 3, 920. F. Wach, Komment. z. Org. Ges. S. 120, macht mit Recht
darauf aufmerksam, daß das Wort „vertreten“ im # 24 (Bez.-Ausschuß) und §& 3 (Bez.-Versamm-
lung) einen verschiedenen Sinn habe. Der Unterschied wird aber durch den von ihm betonten
Gegensatz von „privatrechtlich“ und „öffentlichrechtlich“ nicht richtig zum Ausdruck gebracht. Die
beiderseitigen Juständigkeiten umfassen beiderlei Dinge.
31) Bez.-Verb.-Ges. & 20 Ziff. 1 Abs. 2.