Anhang: Verfassungsurkunde 88 108 -113. 317
lösung der zweiten Kammer seine Geschäfte bis zu Eröffnung der neuen Ständeversammlung
und grlolgter Wahl eines neuen Ausschusses fortzusetzen.
Der Regierung steht vermöge des Oberaussichtsrechts frei, von dem Zustande der Kasse
zu jeder Zeit Einsicht zu nehmen.
Die Jahresrechnungen über dieselben werden von der obersten Rechnungsbehörde
eprüft und bei jedem ordentlichen Landtage (§ 115) den Ständen zur Erinnerung und
Jufeifikation vorgelegt. Nach erfolgter Justifikation wird das Resultat der Rechnungen
im Namen der Stände durch den Druck bekannt gemacht.
10. Verhältnis der Stände in bezug auf das Siagttzaut und auf das Fideikommiß des Königlichen
Hauses.
§ 108. Die Stände sind verpflichtet und berechtigt, über die Erhaltung des Staatsguts
und des Königlichen Hausfideikommisses in der 88 18 und 20 angegebenen Maße zu wachen.
11. Petitionsrecht der Stände.
§ 109. Die Stände haben das Recht, in bezug auf alle zu ihrem Wirkungskreise ge-
hörige Gegenstände, dem Könige ihre gemeinsamen Wünsche und Anträge in der geeigneten
Form vorzulegen.
Hierzu gehören auch Anträge auf Abstellung wahrgenommener Gebrechen in der
Landesverwaltung oder Rechtspflege.
Ebenso ist jedes einzelne Mitglied der Stände befugt, seine auf dergleichen Gegenstände
sich beziehenden Wünsche und Anträge in seiner Kammer vorzubringen. Diese entscheidet
ob und auf welche Weise selbige in nähere Erwägung gezogen werden sollen. Nimmt
sie sich, infolge der geschehenen Erörterung, der Sache an, so hat sie den Beitritt der andern
Kammer zu veranlassen, indem selbige nur in Übereinstimmung beider Kammern an den
König gebracht werden kann.
12. Deren Recht der Beschwerde.
§ 110. Beschwerden gegen die oberste Staatsbehörde und einzelne Vorstände von
Ministerialdepartements (& 41) über die Anwendung der Gesetze in der Landesverwaltung
und Rechtspflege kann, insofern sich deshalb nicht beide Kammern zu vereingen vermögen,
auch jede Kammer allein anbringen.
Zu Begründung solcher Beschwerden ist § 43 die Kontrasignatur aller Verordnungen
und andern Ausfertigungen in Regierungsangelegenheiten, welche der König eigenhändig
unterzeichnet, angeordnet.
Unerlaubte Handlungen oder grobe Vernachlässigungen der den Ministerialdeparte-
ments untergeordneten Staatsdiener können nur dann Gegenstand ständischer Beschwerde
werden, wenn der dadurch unmittelbare Verletzte bei dem betreffenden Departement
vergebens Klage geführt, oder sonst die gesetzlichen Vorschritte getan hat.
Recht der Stände, Beschwerden der Untertanen anzunehmen.
§ 111. Die Stände können schriftliche Beschwerden der Untertanen, nicht aber De-
putationen von Körperschaften annehmen. Findet sich, daß eine solche Beschwerde noch
nicht auf dem verfassungsmäßigen Wege bis zu dem betreffenden Ministerialdepartement
gelangt und daselbst ohne Abhilfe geblieben sei, so bleibt sie unberücksichtigt. Im entgegen-
esetzten Falle, und wenn den Ständen die Beschwerde begründet erscheint, bleibt ihrem
Ermessen überlassen, selbige entweder an das betreffende Departement oder die oberste
Staatsbehörde abzugeben, oder zu ihrer eigenen Sache zu machen und, nach vorgängiger
Diskussion in beiden Kammern, dem Könige zur geeigneten Berücksichtigung zu empfehlen.
Die erfolgte Abstellung solcher Beschwerden, oder das Ergebnis der Erörterung wird
ihnen eröffnet werden.
13. Königliche Sanktion der ständischen Beschlüsse in Landesangelegenheiten.
§ 112. Alle ständischen Beschlüsse, welche auf eine Angelegenheit des Landes Bezug
haben, bedürfen, um wirksam zu werden, der ausdrücklichen Sanktion des Königs.
14. Königliche Resolutionen auf die ständischen Anträge.
§ 113. Auf jeden von den Ständen an den König gebrachten Antrag wird ihnen
eine Entschließung, und zwar im Ablehnungsfalle unter Angabe der Gründe, womöglich
noch während der Ständeversammlung, erteilt werden. Dies gilt insbesondere auch, wenn
der Antrag auf Erlassung, Aufhebung oder Abänderung eines Gesetzes gerichtet war.
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168 11, 198 16
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