Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band IX. Das Staatsrecht des Königreichs Sachsen. (9)

Die Staatsangehörigen. 29 
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— Wohnsitz im Reichsausland muß binnen 6 Monaten genommen sein, damit die 
Entlassung, welche zugleich die Reichsangehörigkeit zerstören würde, gültig ist (5 18,), 
Aufenthalt im Reichsausland trotz Aufforderung zur Rückkehr bei Krieg oder Kriegsgefahr 
beibehalten sein, damit der Verlust der Staatsangehörigkeit ausgesprochen werden kann 
20). 
3. Das Reichsgesetz hat es in erster Linie auf die Ordnung der Bundesangehörigkeit 
abgesehen. Rechtlich liegt aber nach ihm der Schwerpunkt, der Natur des Reiches ent- 
sprechend, ganz und gar in der Staatsangehörigkeit. Es ist nicht wie in der zum eigent- 
lichen Staat entwickelten Nordamerikanischen Union, wo das amerikanische Bürgerrecht 
erworben wird und die Zuteilung an die einzelnen Länder (die zu Unrecht noch den Namen 
Staaten führen) nach Maßgabe des Wohnsitzes erfolgt. Sondern hier bildet die Grundlage 
Besitz, Erwerb und Verlust der Staatsangehörigkeit im Einzelstaate, 
die Bundesangehörigkeit knüpft sich daran als eine Folgewirkung zweiter Linie (Reichsges. 
1. Juni 1870 5 1). Familienrechtliche Beziehungen zu Angehörigen des einzelnen Bundes- 
staates und Verfügungen seiner Behörden liefern die entscheidenden Tatsachen. 
Das Reich greift nur ausnahmsweise ein: 
— Anstellung eines Ausländers im Reichsdienst begründet die Angehörigkeit an 
den Bundesstaat des Amtssitzes (59.). 
— Anstellung eines Ausländers im berufsmäßigen Reichsdienst mit Amtssitz im Aus- 
land begründet einen Anspruch auf Naturalisation gegen den von ihm gewählten Bundes- 
staat (Reichsges. 20. Dez. 1875); vorher ist er nicht reichsangehörig. 
— Ausländern, welche in den Schutzgebieten sich niederlassen, sowie dortigen Einge- 
borenen kann der Reichskanzler die Reichsangehörigkeit erteilen (Schutzgebietsges. vom 
25. Juli 1900 9J9) — einziger Fall der Begründung einer unmittelbaren Reichs- 
angehörigkeit!") Für die Bundesstaaten ist das insofern von Bedeutung, als wegen 9§# 9 
Abs. 2 des Gesetzes von diesen Reichsangehörigen gegebenen Falles die Aufnahme ge- 
mäß &57 des Ges. v. 1. Juni 1870 bei jedem von ihnen verlangt werden kann. 
4. Für die Aufnahme, Naturalisation und Entlassung ist nach § 1 der Verord. v. 24. De- 
zember 1870 die Kreishauptmannschaft zuständig. Das Gesuch ist bei der 
Amtshauptmannschaft (dem Stadtrat) des Niederlassungsortes des Gesuchstellers anzu- 
bringen. Handelt es sich um eine Naturalisation, so ist auch die Gemeinde des Nieder- 
lassungsortes gutachtlich zu hören, wegen der für sie möglicherweise entstehenden Lasten. 
Soll nach § 21, des Ges. v. 1. Juni 1870 einem Sachsen, der seine Staatsangehörigkeit 
durch zehnjährigen Aufenthalt in der Fremde verloren hat, diese wieder verliehen werden, 
4) Die Reichsangehörigkeit, die man als Elsaß-Lothringer besitzt, ist im Gegensatze dazu 
keine unmittelbare; sie ist vermittelt durch die Landesangehörigkeit. Elsaß-Lothringen ist kein 
Staat, aber das ist ja das Besondere seiner Stellung, daß seine „entsprechenden Beziehungen“, 
wie das E.G. zum Stf. G. B. Art. I Abs. 2 sich ausdrückt, in weitem Umfange nach dem Rechte 
der Bundesstaaten behandelt werden. In diesem Sinne vermag dieses Land durch seine Landes- 
angehörigkeit auch die Reichsangehörigkeit zu vermitteln. Wenn Seydel, Bayr. Staats-R. 1 
S. 294 Pote 4, und ihm zustimmend Laband, Staats-R. I S. 126 Note 1, die „Schutzgebiets- 
angehörigkeit“ als etwas gleichartiges gelten lassen wollen, so übersehen sie, daß diese wirklich 
nicht mehr ist als eine „Gebietsangehörigkeit“, ein Wohnsitz. Die Elsaß-Lothringische Landes- 
angehörigkeit aber ist ein Personenstand, wie jede deutsche Staatsangehörigkeit. Sie wird durch 
die Landesbehörde verliehen im Auftrage des Kaisers, der die Staatsgewalt in Elsaß-Lothringen 
ausübt und für das Land; die Naturalisation in den Schutzgebieten erfolgt unmittelbar von Reichs- 
wegen.
	        
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