Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band IX. Das Staatsrecht des Königreichs Sachsen. (9)

38 Erster Abschnitt: Grundlagen des Staatswesens. 8 8. 
  
Gewalthaber gegenüberstehen, als „Dynasten“, wie man es nannte; nur ist zwischen sie 
und den Kaiser der eigentliche Landesherr eingeschoben. ) Das Verhältnis zu diesem. 
haben die Rezesse möglichst in allen Einzelheiten bestimmk. Er hat überall, in Gesetz- 
gebung, Justiz, Verwaltung, die Oberinstanz, darunter schaltet und waltet das herrschaft- 
liche Beamtentum. Sogar ein eigenes Besteuerungsrecht besteht hier noch fort und etwas 
Militär darf gehalten werden. Bezeichnend ist namentlich die ausdrücklich zugestandene 
„Admission zur Erörterung derer mit benachbarten Reichsständen bei denen schönbur- 
gischen Herrschaften sich etwa hervortuenden Grenzdifferentien“. Also selbst auf solche 
völkerrechtliche Beziehungen wirkte die politische Stellung der Herren von Schönburg in 
ihrem Gebiete.“) 
Gleichwohl konnten sie auf Art. 14 der Bundesakte von 1815 selbstverständlich sich 
nicht berufen; dieser bezog sich lediglich auf die erst 1806 und später mediatisierten Häuser.7) 
Der König von Sachsen hatte aber auf dem Wiener Kongreß, auf welchem ja seine Stellung 
keine leichte war, durch Erklärung vom 18. Mai 1815 den fünf führenden Mächten (Ruß- 
land, England, Frankreich, Osterreich und Preußen) sich verpflichtet, alle Vorteile an- 
zuerkennen, welche der Deutsche Bund dem Hause Schönburg zusichern wolle, und sich auch 
fernerhin an die Bestimmungen des Rezesses von 1740 zu halten.3) Der Bundestag, der 
unter Osterreichs Führung auf solche Dinge verhältnismäßig viel Sorgfalt verwandte, 
beschloß dann unterm 7. August 1828, dem Hause Schönburg einzuräumen, „diejenigen 
persönlichen und Familienrechte und Vorteile, welche durch die Bundes= und Schlußakte 
oder durch spätere Bundesbeschlüsse den im Jahre 1806 mediatisierten ehemaligen 
reichsständischen Familien im Bunde zugesichert worden“.) 
Um die Tragweite dieses Beschlusses recht zu verstehen, muß man sich vergegenwärtigen, 
5) Klüber, Staats-R. des Deutsch. Bundes §1262 d rechnet sie zu den „reichsständischen 
Dynasten“ und spricht ihnen eine „untergeordnete oder subalterne Landeshoheit“ zu (a. a. O. 
#d318). — Im Rezeß von 1740 +7 19, II wird ihnen ausdrücklich vorgeschrieben, daß sie des 
„Prädikats als Landesherrn“ sich gänzlich zu enthalten haben. 
6) Rezeß von 1740 §5 19, I. An Militär war nach § 11 eine Kompagnie von einhundert 
Köpfen gestattet, davon sie auch „erforderlichen Falls ihr Reichs-Kontingent mit bestreiten mögen, 
jedoch mit dem auedrücklichen Vorbehalt, daß diese Mannschaft zu Ihrer Königl. Maj. Dienst 
jederzeit in marschfähigem Zustande erhalten werde; wogegen Ihre Königl. Maj. Sich erklären, 
daß Sie diese Kompagnie niemals außer Landes . führen lassen wollen.“ Auch ein Stück deutscher 
Wehrverfassung! 
7) Ihre Rechtsstellung ist im wesentlichen die gleiche wie die des gräflich Stolbergischen Hauses 
gegenüber Preußen: Klüber, Offentl. R. des Deutsch. Bundes § 318 Note b; v. Rönne- 
Zorn, Staats-R. der preuß. Monarchie II S. 37 ff. 
8) Erhat das nicht aus freien Stücken versprochen, sondern die Mächte hatten ihm, auf Drängen 
des Hauses Schönburg förmlich erklärt, sie beabsichtigten, diesem seine Machtstellung in den an- 
Segebenen Beziehungen zu garantieren. Sie haben dann seine Zusage in aller Form akzeptiert. 
berdies wurde die Königliche Erklärung vom 18. Mai 1815 durch die Wiener Kongreßakte, Art. 118 
Ziff. 5, als wesentliches Stück dieses großen Vertrages selbst anerkannt, so bindend, als wäre sie 
wörtlich darin aufgenommen. Vgl. darüber: Kaim, Revision der Sächsischen Rezesse mit dem 
Hause Schönburg S. 96 ff.; Michaelis, Die staatsrechtlichen Verhältnisse der Fürsten und 
Grafen, Herren von Schönburg S. 237 ff. (in Linde, Archiv für das öff. R. des Deutsch. Bundes 
IV). Beides sind Streitschriften; der dadurch gestattete Mangel an Obiektivität wird von Kaim 
ersichtlich übertrieben. 
9) Der Beschluß war eine Art Abschlagszahlung. Das Haus Schönburg erstrebte mit Be- 
rufung auf seine frühere Reichs- und Kreisstandschaft „gewisse unmittelbare Beziehungen zum 
Deutschen Bunde“. Die sächsische Regierung drängte schließlich selbst auf Erledigung, worauf 
aber die Bundesversammlung sich nicht für befugt hielt, „deem weisen Ermessen der Bundesmit- 
glieder vorzugreifen.“ Man wartete auf weitere Instruktionen, die niemals fertig wurden: 
awg konnte man sich aber doch auf das Obige verständigen. Vgl. Michaelis a. a. O. 
 
	        
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