76 Zweiter Abschnitt: Der König und das Königliche Haus. 8 10.
Anordnung seines Vorgängers besonders geregelt werden. Sofern das nicht geschehen
ist, fällt die Erziehungsgewalt an die Mutter und nach deren Tod oder anderweiter Ver-
mählung an die Großmutter väterlicherseits. Sind Mutter und Großmutter gestorben
oder anderweit vermählt, so hat der Regierungsverweser (vgl. unten §& 14) die Erziehungs-
gewalt. Der Regierungsverweser, der ja im Falle der Minderjährigkeit des Königs für
die staatlichen Dinge immer gegeben sein muß, hat auch der Mutter oder Großmutter bei
der ihnen zustehenden Erziehung zur Seite zu stehen: die Ernennung der Lehrer und
Exzieher und die Feststellung des Erziehungsplanes können die Frauen nur nach Rück-
sprache mit ihm und dem Regentschaftsrat vornehmen und bei Meinungsverschiedenheiten
überwiegt die Meinung dieser Berater (Verf.-Urk. §J 15 Abs. 1). Hat der Regierungs-
verweser selbst die Erziehung zu leiten, so sind alle darauf bezüglichen Entscheidungen von
dem Regentschaftsrat unter Vorsitz und Mitabstimmung des Regierungsverwesers zu treffen:
bei Stimmengleichheit hat der Regierungsverweser den Stichentscheid.
Die Sorge für das Vermögen des minderjährigen Königs gebührt dem
Regierungsverweser. Er ist dabei befreit von den Bestimmungen, welche das B.G. B.
für die Vormundschaft gibt. In wichtigen Angelegenheiten hat er das Gutachten des
Regentschaftsrates einzuholen (Verf.-Urk. & 14).35)
Auch außer dem Fall der Minderjährigkeit kann der König an der Ausübung
der Regierung behindert sein, so daß die Bestellung eines Regierungsver-
wesers nötig wird. Der wichtigste Fall ist der der Geisteskrankheit. Alsdann hat der
Regierungsverweser die Befugnis, die Entmündigung des Königs vorzunehmen, in
derselben Weise, wie der König eine solche Maßregel ergreifen könnte gegen jedes Mitglied
des Königlichen Hauses. Die Sorge für die Person und für das Vermögen würden sich dar-
an schließen in derselben Weise wie im Falle der Minderjährigkeit (Ges. v. 6. Juli 1900 8 17).26)
3. Wie für den Fiskus an die Unterwerfung unter das bürgerliche Recht die Unter-
werfung unter die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte sich an-
schließt, so auch für den König. Der Nachtrag zum Hausgesetz v. 20. August 1879 be-
stimmt in § 1: „der König nimmt in privatrechtlichen Angelegenheiten Recht bei dem
Oberlandesgericht zu Dresden“.37) Dieser Gerichtsstand ist ausschließlich. Doch gelten
daneben, ebenso ausschließlich, für Klagen wegen Liegenschaften und für ein Wiederauf-
nahmeverfahren die besonderen Gerichtsstände nach Z. Pr. O. 9§24 und §& 584.
Zustellungen erfolgen für den König an das Ministerium des Königlichen Hauses:
dieses bestellt auch den Anwalt, der die Sache des Königs vor Gericht zu vertreten hat:
ein dem König zufallender Parteieid wird an seiner Stelle durch den Anwalt geleistet.8)
35) Nach der ganzen Stellung des Regierungsverwesers kann auch diese Fürsorge keinem
andern zustehen als ihm. Hausges. # 63 in Verbindung mit § 55 liefert die ausreichende Rechtsgrund-
lage. Daraus ergibt sich einerseits der Ausschluß des gemeinen Vormundschaftsrechtes, andrer-
seits die Anwendbarkeit der Formbeschränkungen des § 14 Verf.-Urk. (Regentschaftsrat). Der
Anspruch auf Rechnungslegung nach beendigter Regierungsverwesung ist wieder ganz bürgerlich-
rechtlicher Natur (B. G. B. § 259).
36) Der Schutz des Königs liegt hier in dem Verfahren zur Bestellung eines Regierungs-
verwesers wegen eines „solchen Hindernisses“ nach Verf.-Urk. §& 11; vgl. unten & 14, II.
37) Das ist altes Recht. Auch das C.-Ges. vom 28. Januar 1835, 82 hatte schon den Gerichts-
stand so bestimmt bei dem Appellationsgericht zu Dresden. Das Ges. von 1879 trägt nur der Reichs-
justizgesetzgebung Rechnung.
38) Nachtrag zum königl. Hausges. & 4 u. § 7, Abs. 2. Die mittelbare Eidesleistung ist ale
Gewissenssache einfach; strafrechtlich ist die Stellung des Anwaltes nicht so leicht zu bestimmen.