Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band IX. Das Staatsrecht des Königreichs Sachsen. (9)

78 Zweiter Abschnitt: Der König und das Königliche Haus. 5 11. 
  
Staatsvermögen in eine feste rechtliche Gebundenheit den Ständen gegenüber. Damit 
ergab sich auch für Sachsen die Notwendigkeit einer Auseinandersetzung, wie sie überall 
an die Entstehung der neueren Verfassungen sich geknüpft hatte. Wenn jetzt mit dem 
Begriffe Staatsgut ernst gemacht wird, muß zweierlei geregelt werden: 
— einmal was aus der bisher ungeschiedenen Vermögensmasse dafür in Anspruch 
genommen wird (unten 1); 
— sodann wie die Bezüge des Königs für sich und seine Hofhaltung zu bemessen sind 
(unten 11). 
I. Der den Ständen von der Regierung vorgelegte Verfassungsentwurf unterschied 
drei Massen: 
— Das Staatsgut (& 14), umfassend alles, „was die Krone besitzt und erwirbt“, 
soweit nicht solcher Besitz als zum Familiengut gehörig nach § 15 und §& 16 „hiervon aus- 
genommen ist“; ihm verbleibt danach im wesentlichen, was wir jetzt als Verwaltungs- 
vermögen und zugehörige Betriebsmittel bezeichnen würden. 
— Das Familiengut des Königlichen Hauses (6 15), bestehend aus den Domänen 
oder Kammergütern; es ist Eigentum des Königlichen Hauses, der Staat hat daran die 
Verwaltung und Nutzung, weshalb es, wie das Staatsgut ohne Einwilligung der Stände 
nicht durch Veräußerungen vermindert werden kann (7 17). 
— Das besondere Familiengut, das sich darstellt im Königlichen Hausfideikommiß 
(5 16), bestehend vor allem in gewissen Sammlungen (Grünes Gewölbe usw.); es findet 
seine Regelung in den Hausgesetzen und geht den Staat und die Stände nichts an. 
Das Schatullgut oder Privatvermögen des Königs ist daneben stillschweigend voraus- 
gesetzt. 
Schon bei den Verhandlungen im Geheimen Rat war die „Domänenfrage“ auf- 
geworfen worden. Die Stände aber antworteten geradezu mit der Forderung, daß alles 
Staatsgut sein solle, dem Eigentum und der Nutzung nach, was nicht zum „Privatver- 
mögen des Königs und der Königlichen Familie“ gehöre. Also nicht bloß das „Staatsgut“ 
des Entwurfs nahm man in Anspruch, sondern auch die Domänen und das ganze Haus- 
fideikommiß.) 
Das geltende Recht, wie es in der Verf.-Urk. & 16 bis 20 festgelegt erscheint, ist das 
Ergebnis einer großen Nachgiebigkeit der Krone: die Domänen wurden zum Staatsgute 
geschlagen, so daß dieses Zwischenstück gänzlich verschwand; das Hausfideikommiß wurde 
zwar mit Einschluß der Sammlungen noch davon geschieden, aber unter Bestimmungen, 
die bei ihm die Natur eines Privatvermögens des Königlichen Hauses stark beein- 
trächtigten. 
1. Die Abgrenzung des neuen Staatsgu# te #s ist demnach glatt zu machen. Es 
gehört dazu alles, was bisher schon staatlichen Zwecken diente und nicht besonders aus- 
genommen ist. Zu den staatlichen Zwecken in diesem Sinn rechnet auch der Unterhalt 
des Königs und seines Hofes. Ausgenommen ist das Familienfideikommiß und das Privat- 
3) Ständische Schrift, den Verf.-Entw. betr. vom 19. Juli 1831; Landtagsakten 1831 Bd. 4, 
S. 1770 ff. Die Stände hatten, wie sie selbst sagten, die „Bayersche Konstitution“ zum Vorbild 
genommen. Ihr Text stimmte im wesentlichen überein mit Bayr. Verf.-Urk. Tit. III Lu. 82. 
Sie gehen aber noch darüber hinaus, indem sie auch das ganze Privatvermögen, nicht bloß das 
neu erworbene Grundeigentum, soweit der König nicht vorher darüber verfügt, bei seinem Ab- 
leben zum Staatsgute schlagen.
	        
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