80 Zweiter Abschnitt: Der König und das Königliche Haus. & 11.
nmommen“. Das ist einfach eine Verweisung auf die neue Einrichtung, Staatskasse ge-
nannt, die alles besorgen wird, und sagt uns nichts weiter. Dagegen §& 16, der den
verfassungsmäßigen Herren des Staatsgutes zu bezeichnen hat, läßt es an Deutlichkeit
nicht fehlen. „Das Staatsgut“, sagt er, „besteht . aus dem, was
die Krone besitzt und erwirbt, und es geht dasselbe in
seinem ganzen Umfange auf den jedesmaligen Thronfolger
über.“ Die „Krone“, das ist natürlich der König, und der „jedesmalige Thronfolger",
das ist erst recht wieder der König.
Das Staatsgut ist also nach Verf.-Urk. §J 16 Königsgut, gerade wie die Staatsgewalt
nach Verf.-Urk. § 4 Königsgewalt ist. Der Staatsfiskus ist dem König gegenüber so wenig
ein gesondertes Rechtssubjekt wie der Staat (vgl. oben § 5 S. 13 ff.).) 4%
Deshalb ist es auch nur bildlich zu verstehen, wenn wir vorhin davon sprachen, daß durch
die Verfassung eine Vermögensübernahme stattgefunden habe, eine Rechtsnachfolge vom
königlichen Fiskus auf den Staatsfiskus. Beides ist ja der König. Und doch ist hier ein
Wechsel vor sich gegangen: das Gut ist von dem Landesherrn des alten Rechts
an den ver fassungsmäßigen König gekommen. Dieser hat vielleicht im
einen oder anderen Punkt einen Rechtszuwachs aufzuweisen. Was aber das alte landesherr-
liche Gut anlangt, so ist der König jetzt in seiner Macht darüber gebunden und beschränkt
— nicht gegenüber dem Staat oder Fiskus, der für ihn kein selbstberechtigtes Dasein hat, aber
in der Weise des neuen Verfassungsrechtes: gegenüber dem Volke und der Volksvertretung.
Diese neue Rechtsordnung meint man, wenn man sagt: das Staatsgut gehöre jetzt
nicht mehr dem König, sondern dem Staatsfiskus. Sie läuft am letzten Ende immer nur auf
Verantwortlichkeiten hinaus, welche die Stände geltend machen können gegen
die Regierung.
Die Verf.-Urk. hat diese Rechtsordnung nach zweierlei Richtung hin genauer bestimmt:
sie handelt in §J 17 von Benutzung und in § 18 von Veräußerung des Staatsgutes. Beide
Male steht ein allgemeinerer, aus dem Wesen des Staatsgutes fließender Rechtsgrundsatz
dahinter. Beide Male aber spitzen sich, nach der Art, wie sie zum Ausdruck gelangt sind,
ihre Vorschriften zu auf einen besonderen Teil des Staatsgutes: auf die Domänen oder
Kammergüter.
6) So noch H. A. Zachariae, Deutsch. Staats= u. Bundes-R. (1867) II S. 414: „In-
sofern nun in der wahren Monarchie der Fürst, der Inhaber der gesamten Staatsgewalt, den
Staat in allen Beziehungen repräsentiert, so muß auch in den deutschen Staaten der Landes-
herr als solcher als der Eigen tümer des Staatsgutes (lnachöffentlichem
Rechte) betrachtet werden, jedoch in keinem anderen Sinne als er überhaupt Eigentümer oder
Inhaber der (auch das Eigentum am Staat umfassenden) Staatsgewalt ist“ — nämlich um sie
für den Staatszweck zu gebrauchen. In der Note wendet er sich scharf gegen die „Confusion der
Begriffe“ bei Maurenbrecher, der „dem Staate im Gegensatz zum Landesherrn ausnahmsweise
eine selbständige Persönlichkeit hinsichtlich des Staatsvermögens zugesteht.“ — Opitz, Staats-R.
1 S. 191, bemerkt zu Verf.-Urk. & 16 u. 18 ganz richtig: „Nach diesen Bestimmungen würde
also das Staatsgut .. .nicht Eigentum des Staates, Fiskus, sondern Eigentum des jeweiligen
Regenten sein.“ Er findet aber: „Die Praxis hat sich tatsächlich an jene obigen Bestimmungen
von Anfang an nicht gebunden, sondern ohne weiteres den Staat und nicht den König als Eigen-
tümer des in der Verfassung als Staatsgut bezeichneten Vermögens angesehen.“ Das kann na-
türlich die Praxis sich zurechtlegen, wie es ihr bequem und handlich ist. Nur muß man nicht glauben,
daß durch solche Betrachtungsweise eine juristische Person entsteht. Das geltende Recht gibt nun
einmal dem Fiskus keine solche Machtstellung, wie die rechtsfähige Stiftung sie erhalten hat gegen-
über dem Stifter, und ohne daß die Rechtsordnung sich besonders dafür einsetzt, sind juristische
Personen nicht da. Es ist alles nur Bild und Gleichnis.