Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band IX. Das Staatsrecht des Königreichs Sachsen. (9)

82 Zweiter Abschnitt: Der König und das Königliche Haus. 8 11. 
  
fassungsrecht so stark ist, steht auch hier dahinter. Das Recht des Königs auf Benutzung 
dieser Staatsgüter ist nicht bürgerlichrechtlicher Art, selbstverständlich. So ist auch das Über- 
einkommen zwischen den beiden Ministern kein Vertrag, der unter die Regeln des B.G. B. 
fiele.) 
Niemals sind für solche Verschiebungen die Formen beobachtet worden, welche Verf.= 
Urk. §+152 für Verfassungsänderungen verlangt. Das der Verf.-Urk. beigegebene Ver- 
zeichnis bildet in seinen Einzelheiten keine Verfassungsbestimmungen. Es wäre doch eine 
arg formalistische Auffassung, die Verlegung des „Gondelschuppens an der Elbe“ auf ein 
anderes Staatsgrundstück in den Formen der Verfassungsänderung behandelt zu verlangen. 
Es ist richtig, daß der § 17 Verf.-Urk. auch den Gedanken hat, dem jeweiligen König eine 
gewisse standesgemäße Ausstattung mit Wohngebäuden und Zubehör zu sichern. Das 
geschieht durch die Verweisung auf das beigelegte Verzeichnis. Dieses Verzeichnis ganz 
zu beseitigen, wäre eine Verfassungsänderung. Den Inhalt dieses Verzeichnisses näher 
zu bestimmen und den Bedürfnissen anzupassen, ist Sache der Nächstbeteiligten, des 
Königs, der ja immer zugleich für sich und seine Nachfolger dabei verfügt, und der ihn 
in seiner Verfügung beschränkenden Stände. So hat die Verfassung es wohl auch 
gemeint.170) 
Der König wird bei der Benutzung dieses Staatsgebietes behandelt wie ein Nutz- 
nießer fremder Sachen. Insbesondere ist ihm durch Verf.-Urk. &1 22 Abs. 5 ausdrücklich 
überlassen die Tragung der „Unterhaltungskosten"“. Es war offenbar Zweckmäßigkeits- 
sache, das so zu ordnen; der Staat kommt billiger weg dabei, als wenn er die Unterhal- 
tungskosten übernähme und die Ziovilliste entsprechend herabsetzte. Von einem selbst- 
verständlichen Rechtsgrundsatz, der das so ordnete, kann nicht die Rede sein. Aber nach- 
dem der Begriff Unterhaltungskosten einmal das Unterscheidungsmerkmal gibt, darf man 
zur näheren Erläuterung auch den Maßstab verwenden, der für die Unterhaltungspflicht 
des bürgerlichrechtlichen Nießbrauches gilt. Nur ist an bürgerlichrechtliche Ansprüche und 
Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte auch in diesem Punkte nicht zu denken. Es ist 
Amtspflicht der beteiligten Beamten, die Sache richtig zur Erledigung zu bringen; der 
König einerseits, die Stände andererseits wachen darüber. — 
Der zweite Rechtsgrundsatz, der aus dem Begriffe des Staatsgutes fließt, betrifft 
seine Verwendung.: es darf nur verbraucht und veräußert werden für 
9) Zur Veranschaulichung diene das Abkommen vom 14. Januar 1896 (Landt.-Akten 
1895/96, Königl. Dekrete, Nr. 20; es handelt sich um das nötige Gelände für das neue Ständehaus): 
„Mit Vorbehalt der Allerhöchsten Genehmigung S. M. des Königs und der Zustimmung der 
Ständeversammlung ist zwischen dem Ministerium des Königl. Hauses in Vertretung der Königl. 
Zivilliste einerseits und dem Finanzministerium in Vertretung des Königl. Sächsischen 
Staatsfiskus anderseits folgende Übereinkunft abgeschlossen worden: 
§1. Seiten der Königl. Zivilliste wird hinsichtlich des Brühlschen Palais usw. auf das S. M. 
dem Könige nach § 17 Abs. 2 der Verf.-Urk. zustehende freie Benutzungsrecht Verzicht geleistet. 
8 3. Das alte Akademiegebäude usw. wird der Königl. Zivilliste überwiesen und geht in 
das freie Benutzungsrecht S. M. des Königs über. 
§ 4. (Bedingt eine Entschädigung von 2000000 Mk. für die Königl. Zivilliste aus der 
Staatskasse.)“ 
Die vertragschließenden Teile wären also die Zivilliste einerseits, der Staatsfiskus anderseits. 
Das erstere ist einfach der König, das zweite ist auch wieder der König, aber gebunden durch das 
Mitwirkungsrecht der Stände. Um deutlich hervortreten zu lassen, daß hier alle berechtigten Inter- 
essen gewahrt sind, gibt man der Sache die Gestalt eines Vertrags, und zu diesem Zwecke muß 
der König die Masken Zivilliste und Fiskus vornehmen. 
10) A. M. Binding, Verf.-Urk. des Kgr. Sachsen (3. Aufl.) S. 70 Note.
	        
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