Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band IX. Das Staatsrecht des Königreichs Sachsen. (9)

84 Zweiter Abschnitt: Der König und das Königliche Haus. 8 II. 
  
plan.13) Fehlt diese Zustimmung, so ist die Regierung für die vorgenommene Veräuße- 
rung verantwortlich. Dagegen wird das im übrigen formgerecht vollzogene Veräuße- 
rungsgeschäft dadurch nicht rechtsungültig. Dem Erwerber kann nicht zugemutet werden, 
daß er in eine Prüfung der verfassungsrechtlichen Ordnungsmäßigkeit des Vorgehens 
der Regierung eintritt. 124) 
2. Hatte bezüglich der Domänen die Meinung der Stände sich durchgesetzt, daß sie 
einfach zum Staatsgute zu ziehen seien, so war nicht das gleiche der Fall beim Haus- 
sideikommisse. Das bkönigliche Hausfideikommiß beruht auf testamentarischen 
Bestimmungen des Kurfürsten Friedrich August II. vom Jahre 1737. Dadurch sollten 
gewisse Massen beweglichen Vermögens mit der Landeshoheit fester verbunden werden, 
weil sie als notwendig angesehen wurden „zum Bedarf oder Glanze des Hofes“. Es 
wurden dahin gerechnet die sämtlichen Einrichtungen der kurfürstlichen Schlösser, nebst 
Pferden und Wagen, insbesondere auch das Jagdgeräte, ferner die Kostbarkeitensammlung 
des Grünen Gewölbes, die Gemäldegalerie, die Bibliothek und noch anderes dieser Art. 
Die Gebundenheit des Hausgutes an die Landeshoheit erstreckte sich nicht von selbst auf 
solche Fahrnis; daher das Fideikommiß. Dem Hause soll es unveräußerlich gehören, im 
Besitz des jedesmaligen Landesherrn des Albertinischen Hauses stehen und erst im Falle 
des Erlöschens des Mannesstammes in der nächsten weiblichen Linie nach Köpfen verteilt 
werden.15) In diesem letzteren Falle war also eine Trennung der Besitztümer von der 
Landeshoheit und vom Lande denkbar. Der Entwurf der Regierung hätte diese Möglich- 
keit offen gelassen. Er bestimmte in 5 16: „Der Besitz dieses Fideikommisses geht in dem 
Königlichen Hause Albertinischer Linie nach der Primogeniturerbfolge auf den König 
über. Die ferneren Bestimmungen über selbiges sind lediglich Gegenstand der Hausgesetze.“ 
Die vereinbarte Verf.-Urk. hat das Fideikommiß, wie gesagt, nicht zum Staatsgut 
gezogen. Sie bestimmt in § 20, Abs. 2:,„Dasselbe ist Eigentum des König- 
lichen Hauses“, also nicht des Staates. Dann aber fährt der Text fort: „Dessen 
Besitz geht aber auf den jedesmaligen rechtmäßigen Re- 
genten des Königreichs Sachsen über. Dasselbe ist von dem 
Lande unzertrennbar und unveräufßerlich.“) 
Damit hat eigentlich die Sonderstellung, welche dem Hausfideikommiß verbleiben sollte, 
aufgehört, eine ernsthafte Bedeutung zu haben. Denn es bleibt ja selbst dann im Be- 
sitze des Königs und ungeteilt dem Lande erhalten, wenn die Krone bei Erlöschen des 
Mannesstammes des Albertinischen Hauses an ein erbverbrüdertes Haus oder an eine 
13) Vgl. unten § 20, II. Der Antrag der Regierung geht darauf: „Die Ständeversammlung 
wolle den Verkauf bewilligen“ oder „die Regierung ermächtigen zu veräußern“ (Landt.-Akten 
1905/06, Kgl. Dekrete, Bd. 3, Note 33). — Für den Bereich der Eisenbahnverwaltung wurde zu 
genauerer Bestimmung des § 18 des Ges. v. 1904 das Einverständnis der Stände erklärt, daß die 
Regierung bis zur Grenze von 300 000 M. Wert frei veräußern dürfe (Landt.-Akten 1905/06, 
Ständ. Schriften Nr. 39); also eine allgemeine Ermächtigung. Im Landtags-Abschied (Landt.= 
Akten 1905/06, Kgl. Dekrete Nr. 41) wurde dann einfach ausgesprochen: „Die Entgegennahme 
der ständischen Erklärung, die Auslegung des § 18 des Ges. vom 1. Juli 1904 betr.“ Von Gesetz ist 
natürlich auch dabei keine Rede. 
14) Diese Auffassung vertritt Seydel, Bayr. Staats-R. II S. 384, selbst für die noch 
strenger lautende Bayr. Verf.-Urk. Tit. III # 3. 
15) Auf „die Prinzessinnen“ soll es fallen; v. Witzleben, Entst. d. konst. Verf. S. 182. 
16) Nach neuzeitlichen Auffassungen hätte man die anstößigen Bestimmungen der fideikom- 
missarischen Dispositionen von 1737 und 1747 durch Staatsteset schlechthin beseitigen können. 
Das war ja nicht immer unbestritten. In unserem Fall ist man über die Schwierigkeit dadurch 
 
	        
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