100 Grundzüge der Verwaltungsrechtsordnung.
starren Einförmigkeit, welche dort den Richter zur viva vox
legis macht.
1. Das Gerichtsurteil ergeht nur auf Grund des Gesetzes.
Der Verwaltungsakt auch, soweit der Vorbehalt des Gesetzes
reicht oder tatsächlich ein Gesetz sich der Materie bemächtigt hat.
Das letztere ist entfernt nicht für alle Lebensbeziehungen der
Verwaltung geschehen (absichtlich nicht!); der Vorbehalt aber läßt
Lücken frei. Soweit das der Fall ist, wirkt dann der Verwaltungs-
akt selbständig. Er ist nicht wie das Rechtsgeschäft des
Privaten, das alle seine rechtliche Wirksamkeit aus dem Gesetze
zieht, sondern ist selbst öffentliche Gewalt, die aus sich selber
rechtlich bestimmend wirkt, soweit ihr nicht besonders Schranken
gesetzt sind !.
Selbständige Verwaltungsakte erscheinen in zweierlei Weise:
— wo der Staat durch obrigkeitlichen Ausspruch über den
Einzelnen bestimmt, ohne dadurch in seine Freiheit und sein Eigen-
tum einzugreifen, also außerhalb des dem Gesetze vor-
behaltenen Gebietes bleibt. Beispiele geben die Zusagen
staatlicher Unterstützungen für Öffentliche Zwecke".
— wo der Staat zwar den Einzelnen belastet und in seine
Freiheit eingreift, aber mit dessen Einwilligung. Diese be-
seitigt die Schranke des verfassungsmäßigen Vorbehalts, die zu-
gunsten der Untertanen errichtet ist, und der Verwaltungsakt
wird frei. Das wichtigste Beispiel solcher „Verwaltungsakte auf
Unterwerfung“ bietet die Anstellung im öffentlichen Dienst !?.
1° Unkontrollierte Eindrücke des Privatrechtes und der Justiz wirken zu-
sammen, um die Behauptung nahe zu legen, jeder Verwaltungsakt, jede Ver-
fügung oder wie man es nennen mag, müsse einen Rechtssatz hinter sich haben,
um zu gelten. So Loening, Verw.R. S. 241; Sarwey, Allg. Verw.R. S. 27;
Rosin, Pol. Verord.R. S.18. — Wenn Bornhak, Verw.Arch. V S. 144, auch
mich al: Vertreter dieser Meinung aufführt, so habe ich an der angezogenen
Stelle (1. Aufl. I S. 95) nichts dergleichen gesagt, und zwei Seiten darnach
(S. 97) ausdrücklich das gerade Gegenteil.
1 Vgl. unten $ 39, 51, 60. Hier hilft man sich natürlich gern mit gewalt-
samer Annahme zivilrechtlicher Verträge.
18 Grotefend, Pr. Verw.R. 1S.53, drückt das im Sinne der oben Note 10
erwähnten Anschauung so aus: „Es gibt eine ganze Reihe von Rechtssätzen auf
dem Gebiete der Staatsverwaltung, welche... Pflichten nur demjenigen auf-
erlegen, welcher in das Rechtsverhältnis eintreten will, z. B. das Beamten-
verhältnis“. Aber Anstellung im Staatsdienst hat immer schon stattgefunden,
bevor ein Beamtengesetz da war, ebenso im Reichsdienste. Und man hat Jas
getan, auch nachdern man die Sache nicht mehr als privatrechtlich ansah. Wo
war da der Rechtssatz?