104 Grundzüge der Verwaltungsrechtsordnung.
die Verfügung als selbständiger Verwaltungsakt mit Ein-
willigung des davon Betroffenen ergeht (oben n. 1). Wir erhalten
durch die bestimmte Art des Inhalts geradezu öffentlichrechtliche
Seitenstücke zu bekannten zivilrechtlichen Vertragsarten. Die
Bezeichnung: öÖffentlichrechtliches Rechtsgeschäft, öffentlichrecht-
licher Vertrag mag dann dazu dienen, die Dinge anschaulicher
zu machen ,
Aber der Verwaltungsakt verleugnet dadurch seine Natur
nicht, die ihm seinen Platz neben dem Urteil anweist, sondern
bezeugt nur, wie weit die freie Beweglichkeit geht, die ihn vor
diesem auszeichnet.
Ill. Mit dem Verwaltungsakt nahe verwandt, aber doch sehr
wesentlich von ihm verschieden, ist die Anweisung im Gewalt-
verhältnis,
Als Gewaltverhältnis mag man die umfassende rechtliche Ab-
hängigkeit bezeichnen, in welcher der Untertan zum Staat steht ?°.
Hier ist das besondere Gewaltverhältnis gemeint als die
verschärfte Abhängigkeit, welche zugunsten eines
bestimmten Zweckes Öffentlicher Verwaltung be-
gründet wird für alle Einzelnen, die in den vor-
gesehenen besonderen Zusammenhang treten?®!. Bei-
spiele liefern die Dienstgewalt über die Beamten (unten $ 45),
die Überwachungsgewalt über die Benutzer gewisser Ein-
# ,aband, St.R. 1. Aufl. ILS. 216, hatte die Verfügung schlechthin „das
einseitige Rechtsgeschäft des öffentlichen Rechts“ genannt. G. Meyer, in
Annalen 1878 S. 383, erklärte sich gegen diese Ausdrucksweise; Bernatzik,
Rechtskraft S. 10 Note, nannte es gar „ein ziemlich harınloses Vergnügen“.
Jetzt gebraucht umgekehrt Kormann, Rechtsgeschäftl. Staatsakt S. 18ff., den
Ausdruck „publizistisches Rechtsgeschäft“ für jede Willensäußerung eines
Trägers öffentlicher Rechte und Pflichten, die auf Eintritt bestimmter Rechts-
wirkungen gerichtet ist, ausgenommen nur die Rechtssetzung. Über den „öffentlich-
rechtlichen Vertrag“: Grosch, in Jahrb. d. öffl. R. 1911 S. 269 ff. — In ver-
nünftigen Grenzen hat die Betonung des Zusammenhangs mit der Begriffswelt
des Zivilrechts immer ihre Nützlichkeit.
2° Schmitthenner, St.R. S. 279; Gerber, Grundzüge 8 16; Rosin,
in Annalen 1883 S. 299.
#1 Der Begriff des besonderen Gewaltverhältnisses ist zuerst erfolgreich
verwertet worden von Laband, StR. 1. Aufl. IS. 386ff. Er bediente sich
seiner, um die Rechtsstellung des Staatsbeamten zu seinem Dienstherrn zu er-
klären. Die ausgedehntere Geltung des Instituts ist aber nicht zu verkenren:
Jellinek, Subj. öff. R. S. 215; Thoma, Polizeibefehl S. 17ff.; Fleiner,
Instit. S. 189 .; Nawiaski, Forderungs- und Gewaltverh. (Festschrift Zitel-
mann).