Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.1. Deutsches Verwaltungsrecht. (1)

$ 9. Der Verwaltungsakt. 105 
richtungen des Zoll- und Steuerwesens (unten $ 28), die Anstalts- 
gewalt über alles, was in den Betrieb der öffentlichen Anstalt 
aufgenommen ist (unten $ 50). 
Das Gewaltverhältnis kann begründet sein durch Gesetz oder 
Verwaltungsakt oder auch von selbst aus dem Eintritt in den 
Machtbereich der Öffentlichen Einrichtungen sich ergeben °®. Immer 
bedeutet es einen Zustand verminderter Freiheit, indem der 
Betroffene sich im gegebenen Maße nach dem zu richten hat, 
was hier der Zweck der öffentlichen Verwaltung erfordert. Das 
Genauere wird ihm innerhalb des gegebenen Rechtes durch die 
berufene Leitung der Geschäfte und ihre Gehilfen rechtlich bindend 
bestimmt. Das wird meist die Gestalt eines Befehls zu Tun oder 
Lassen haben, kann aber auch auf ein Dulden gehen an Person 
oder Sache. Die kraft des Gewaltverhältnisses ergehende bindende 
Bestimmung nennen wir nach dem wichtigsten Beispiel eine An- 
weisung. 
Die Anweisung kann, wie der Verwaltungsakt, für den Einzel- 
fall ergehen, an den bestimmten Gewaltunterworfenen. Dann 
zeigt sich an ihr schon äußerlich der große Gegensatz, daß sie 
nicht wie jener nur von einer Behörde zu erlassen ist, von einer 
obrigkeitlichen Stelle, gleichgeachtet dem Gericht (vgl.obenIn.1): 
im Gewaltverhältnis befiehlt der Unteroffizier, der höhere Schreiber, 
der Lehrer, der Arzt, der Marktaufseher — lauter Nicht- 
behörden, deren Wort außerhalb des Gewaltverhältnisses nur 
eine Mahnung, eine Aufforderung, eine Erinnerung sein könnte; 
hier verpflichtet es®2®. - Aber diese Anweisung wirkt auch nicht 
wie das Urteil und der Verwaltungsakt zweiseitig, die vollziehende 
Gewalt selber bindend, Recht machend zwischen ihr und dem 
Untertan (vgl. oben I n. 3), sondern sie entfaltet einseitig dessen 
im Gewaltverhältnis enthaltene Verpflichtbarkeit, die nach wie vor 
zur freien Verfügung bleibt. Sie wirkt wie der obrigkeitliche 
Akt im Polizeistaat; vgl. oben $ 4, 1. 
Zum Unterschied vom Verwaltungsakt kann die Anweisung 
auch in Gestalt einer allgemeinen Regel vorgehen, wirksam 
#2 Jellinek, Subj. öff. Rechte S. 112, nennt: Gesetz, Rechtsgeschäft und 
Delikt. -— Die Begründungsweise bestimmt auch das Maß und den Zweck der 
zu übenden Gewalt. Die genauere Ausführung kann nur im Zusammenhang der 
Lehre von den einzelnen Arten der Gewaltverhältnisse gegeben werden. 
28 Im Gewaltverbältnis kann daher auch der Schutzmann, für den Kor- 
mann, Rechtsgeschäftl. Staatsakte S. 75, sich verwendet, dazu kommen, 
bindende Befehle zu erteilen; sonst nicht.
	        
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