Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.1. Deutsches Verwaltungsrecht. (1)

$ 11. Das Verwaltungsrechtsinstitut und die Scheidung vom Zivilrecht. 119 
sich erst aus der Art, wieim geltenden Rechte davon Gebrauch 
gemacht worden ist. Es handelt sich ja um regelmäßig wieder- 
kehrende Beziehungen des Staates, die auch in fester Rechtsgestalt 
sich darstellen. Diese kann eine zivilrechtliche oder eine öffentlich- 
rechtliche sein. Dabei kommt es allerdings auf den Namen nicht 
viel an, den Theorie und Praxis der Sache geben; hier ist, wie 
gesagt, alles noch voll von polizeistaatlichen Rückständigkeiten. 
Die wissenschaftliche Betrachtung gibt einen selbständigen Maß- 
stab. Wie es auf dem Boden des Zivilrechts hergeht, das wissen 
wir. Wie sich im Gegensatze dazu die Dinge gestalten müssen 
vom Boden des öffentlichen Rechtes aus, das nachzuweisen, ist 
Aufgabe der Verwaltungsrechtswissenschaft. Mit welchem von 
beiden Maßstäben alle gegebenen Einzelheiten natür- 
licher, unmittelbarer, widerspruchsloser sich er- 
klären lassen, das ist der richtige Die Wirklichkeit 
des geltenden Rechtes hat uns je nach dem ein zivilrechtliches 
oder ein öffentlichrechtliches Rechtsinstitut geliefert ®. 
Die Lehre von unseren Rechtsinstituten kann diesen Dienst 
der Klärung und Grenzscheidung nur leisten, wenn wir sie selber 
frei halten von allen Verkümmerungen, welche die noch 
nicht voll überwundene Vergangenheit ihnen bereiten möchte: 
— Es ist unzulässig, sie verbessern und ergänzen wollen durch 
Heranziehung zivilrechtlicher Bestimmungen auf dem Wege der 
Analogie. Die Rechtsähnlichkeit wirkt ja im letzten Grunde 
nur durch Auslegung des anzuwendenden Gesetzeswillens; für den 
6 In diesem Sinne ist es richtig, daß über die Grenzlinie „das positive 
Recht entscheidet“: Haenel, St.R. I S. 162. Vgl. auch Gierke, D. Pr.R. I 
S.31; Spiegel, Verw.R.wiss. 8. 144; Fleiner, Instit. S. 51. So soll es wohl 
auch gemeint sein, wenn Jellinek, Subj. öff. R. S. 64, bemerkt: „Der Staat 
hat die Macht, formell diese Ansprüche zu privat- oder öffentlichrechtlichen zu 
erklären“. Der Staat hat hier nicht etwa eine Art Ernennungsrecht auszu- 
üben; maßgebend ist allein, wie er durch sein Gesetz und seine Behörden das 
Rechtsverhältnis wirklich gestalten läßt. Zum Sächs. Wasserges. v. 12. März 
1909 hatte das Justizministerium ursprünglich eine Bestimmung verlangt: „Das 
Bett der Elbe steht im Privateigentum des Staates“. Diese Bestimmung hätte 
uns nie verbieten können, zu untersuchen, ob nach den für den öffentlichen 
Strom geltenden und gehandhabten Rechtsbestimmungen dieses Eigentum nicht 
am Ennde doch öffentlichrechtlicher Natur ist. — Holliger, Die Kriterien 
(oben Note 3) hat mir wegen dieser Verweisung auf das wirkliche Recht die 
Aufnahme in die Reihe seiner siebenzehn Theorien versagt und meinen Stand- 
punkt bezeichnet als „eine Negation jedweden Prinzips und eine Proklamierung 
des Opportunismus“ (S. 15).
	        
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