Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.1. Deutsches Verwaltungsrecht. (1)

$ 12. Das Beschwerderecht. 129 
eine Anzeige, der die angegangene Behörde Beachtung schenkt, 
soweit sie für gut findet, trägt sie das Maß ihrer Verwendbarkeit 
in sich selbst: wo sie nicht am Platze wäre, wird nicht darauf 
gehört, es ist kaum nötig das besonders vorzuschreiben. Sobald 
aber ein Beschwerderecht anerkannt sein soll, wird es notwendig, 
Grenzen zu ziehen in sachlicher und persönlicher 
Hinsicht. | 
Das Gesetz bezeichnet die Maßregeln, gegen welche die 
Beschwerde sich richten darf, nach den Behörden, welche sie 
erlassen, oder nach ihrem Inhalt oder nach beiden zugleich®. 
Es bezeichnet die Beschwerdeberechtigten. Fehlt es an 
ausdrücklicher Bestimmung, so ist die Abgrenzung von selbst 
dadurch gegeben, daß zur Beschwerde nur berufen ist, wer durch 
den anzufechtenden Beschluß beschwert wurde, indem dieser über 
ihn erging, bestimmte, was für ihn Rechtens sein sollte, und das 
rechtswidriger- oder unbilligerweise zu seinem Nachteil. 
2. Im Gegensatze zur einfachen Beschwerde erfordert die 
förmliche eine gesetzlich festgelegte Beschwerdefrist. Jene 
wird von selbst nicht mehr beachtet, wenn sie zu lange gezögert 
hat; hier muß der förmlichen Pflicht der Behörde eine Grenze 
gesteckt werden. Bevor diese erreicht ist, darf andererseits 
8 Wo die Verfassungsurkunden sehr allgemein von dem Beschwerderecht 
sprechen, setzen ihm die Gesetze seine Grenzen: Sächs. Verf.Urk. $ 36; Organis. 
Ges. vom 21. April 1873 (F. Wach, Handausgabe S. 106ff.). Württ. Verf.Urk. 
$ 36; Ges. über Verw.R.Pfl. v. 16. Dez. 1876 (Goez, Württ. St.R. S. 42£.). 
9 Deshalb haben kein Beschwerderecht die Gewerbetreibenden, welchen 
durch Erteilung einer neuen Erlaubnis (Schankwirtschaft!) ein nachteiliger 
Wettbewerb geschaffen wird: Landmann, Gew.Ord. I S. 200. Die Sächsische 
Praxis läßt solche Beschwerden zu (Reger XVI S. 132). — Das Anzufechtende 
braucht nicht die Gestalt eines Befehls an den Beschwerdeführer zu haben; es 
genügt, daß es in irgendeiner Weise gegen sein Recht und seine Freiheit ge- 
richtet sei. So die Anordnung, die den Schankwirten verbietet einem Trunken- 
bold Getränke zu verabreichen: der Trunkenbold hat das Beschwerderecht 
(0.V.G. 28. März 1899; Pr. Verw.Bl. XXI S. 25), Ebenso die Anordnung der 
Vernichtung eines trichinösen Schweines, die an den Schlächtermeister ergeht, 
dem Abdeckereiberechtigten aber die Verwertung des Kadavers entzieht (Stier- 
Somlo, L.V.G. S. 228ff.; v. Kamptz, Beschw. u. Klage S. 24 ff.L 
Daß die Unterbehörde gegen einen sie störenden Beschluß der Oberbehörde 
kein Beschwerderecht hat, ist selbstverständlich; sie ist kein Rechtssubjekt 
über den Beamten persönlich aber ist der Beschluß nicht ergangen: Sächs. 
0.V.G. 18. Mai 1901 (Jahrb. I S. 52); Kam.G. 30. Juli 1902 (Reger XXIII 
S. 159), 25. Jan. 104 (Reger XXV S. 388), Reger-Dyroff, Verw.Ger.Ges. 
S. 462. 
Binding, Handbuch. VI. I: Otto Mayer, Verwaltungsr. L 2. Anl. 9
	        
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