Einleitung.
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Der Begriff der Verwaltung.
Die Lehre vom Verwaltungsrecht findet ihren Gegenstand am
Staate. Der Staat kommt aber für die Rechtsordnung nach ver-
schiedenen Richtungen in Betracht. Der Begriff der Verwaltung
bezeichnet die Seite, von der er uns angeht.
I. Der Staat ist das geordnete Gemeinwesen, zu welchem
ein Volk zusammengefaßt ist, um seine Eigenart in der Geschichte
zu entwickeln und zur Geltung zu bringen. Für dieses Gemein-
wesen und zur Erfüllung seiner Zwecke wird mancherlei Tätigkeit
geübt, die man wohl in ihrer Gesamtheit mit dem Namen Ver-
waltung bezeichnet. Danach ist Verwaltung im allgemeinsten
Sinne Tätigkeit des Staates zur Erfüllung seiner
Zwecke.
Den Gegensatz dazu bildet dann die Verfassung. Der
Staat ist vor allen anderen Gemeinwesen ausgezeichnet durch eine
oberste Gewalt, die in ihm bestellt ist für ein bestimmtes Gebiet
und die dazu gehörigen Menschen, die Staatsgewalt. Die Ver-
fassung bedeutet die Regeln, nach welchen diese oberste Gewalt
gebildet und eingerichtet wird.
Allein dieser einfache Begriff der Verfassung hat, wie alle
andern, die uns hier beschäftigen, im Verlaufe der geschichtlichen
Entwicklung eine besondere Zutat erhalten. Wir nennen jetzt die
Ordnung der obersten Gewalt nur dann eine Verfassung, wenn sie
einer Volksvertretung Anteil gibt an der Staatsgewalt durch Mit-
wirkung bei der Gesetzgebung!. Ein Staat, in welchem dieser
ı Sarwey, Allg. V.R. S.17; Zachariae, Vierzig Bücher v. St. III. S.1.
Zwischen Friedrich dem Großen, der noch ruhig von „seiner Verfassung“ spricht
(Preuß, Urkundenbuch I S. 124), und Frau v. Stael, welche dem Kaiser von
Rußland die Schmeichelei macht: er sei „die Verfassung seines Reiches“, in
dem Gedanken, daß dieses Reich eigentlich keine Verfassung habe, liegt
deutlich erkennbar der Markstein der Erklärung der Menschenrechte von 1789;
Binding, Handbuch. VI. 1: Otto Mayer, Verwaltungsr. I. 2. Aufl. 1