Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.1. Deutsches Verwaltungsrecht. (1)

144 Der Rechtsschutz in Verwaltungssachen. 
Unterschied daran, daß der Beschwerdeführer, nachdem er sein 
Werk getan und die Behörde in Bewegung gesetzt hat, für diese 
rechtlich verschwindet und sie ihren amtlichen Pflichten überläßt, 
der Verwaltungskläger aber in das Prozeßverhältnis eingetreten 
ist, in welchem er der Behörde gegenüber verbleibt, um in: 
mannigfacher Weise auf das Verfahren und den Inhalt des Urteils 
rechtlich bestimmend einzuwirken. 
Daher ist für eine Partei auch noch Platz, wenn das Ver- 
fahren von anderer Seite in Gang gebracht ist; sie hat noch ge- 
nügend Gelegenheit, sich im weiteren Gang der Sache zu betätigen. 
Im Prozesse gibt es die Rolle eines abwehrenden Ver- 
teidigers, für welche die Beschwerde kein Seitenstück bietet. 
Man kann also auch hier von Kläger und Beklagtem sprechen, 
mit Vorbehalt freilich der noch zu behandelnden Frage, ob auch 
die Gegenrolle immer besetzt und wie sie besetzt ist. 
II. Das Recht der Partei ist seiner Natur nach niemals ein 
Recht des Einzelnen gegenüber einer gleichwertigen Gegenpartei, 
sondern ein Recht gegen die Obrigkeit, gegen die öffentliche 
Gewalt, in deren Namen das Urteil ergeht. Partei und Obrigkeit 
teilen sich in die Macht über das Verfahren. 
Im Strafprozeß überwiegt der Anteil der verfolgenden Obrig- 
keit, die sich aus Gericht und Staatsanwaltschaft zusammensetzt. 
Im Zivilprozeß ist das Gegenteil der Fall: das dominium litis 
gehört der Partei, das Gericht ist durch die Verhandlungs- 
maxime streng gebunden. 
Das Verwaltungsstreitverfahren geht seinen eigenen Weg. 
Der Verwaltungsakt, der erzeugt werden soll, bedeutet immer eine Be- 
teiligung des Gemeinwesens, die mehr zur Art des Strafprozesses hin- 
neigt. Andererseits ist hier der Gang nicht so einförmig bestimmt wie 
im Strafprozeß, sondern nimmt mannigfaltigere Gestalten an, wonach 
auch die Parteirechte freier und reicher zur Wirksamkeit kommen *. 
* In diesem Sinne O. Mueller, Begr. d. Verw.R.Pfl. S. 176: „So hat denn 
das Verwaltungsstreitverfahren seine eigne Maxime; gebunden ist die Tätigkeit 
der Behörde dadurch, daß an dem Verfahren Parteien teilnehmen müssen mit 
dem Rechte auf Gehör... . im übrigen ist sie frei“. Sie ist im übrigen so 
frei als der Verwaltungsakt samt seiner Vorbereitung eben sein würde, wenn 
er nicht in Form der Rechtspflege erginge. 
Die Frage wird gern so gestellt: Gilt Verhandlungsmaxime (Dispositions- 
prinzip) oder gilt Untersuchungsmaxime (Offizial- oder Inquisitionsprinzip)? 
Zorn in Verw.Arch. II S. 10 (für Verhandlungsmaxime); Seydel, Bayr. St.R. 
I S. 619 (dagegen. Mehr noch sucht man zu vermitteln und behauptet eine 
„abgeschwächte Verhandlungsmaxime“ oder eine „aus beiden gemischte“:
	        
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