Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.1. Deutsches Verwaltungsrecht. (1)

$ 15. Arten der Verwaltungsstreitsachen. 155 
geschieht es durch Verweisung der Sache an ein Verwaltungs- 
gericht, d. h. an eine Behörde, welche dazu bestellt ist, Ver- 
waltungsrechtspflege zu üben. Ist die Behörde, an welche die 
Sache verwiesen wird, zugleich für gewöhnliche Verwaltungs- 
geschäfte und für Verwaltungsrechtspiiege bestellt, so kommt es 
darauf an, daß zum Ausdruck gebracht sei, in welcher Eigenschaft 
sie hier tätig werden soll; die Vermutung spricht nicht für die 
Verwaltungsrechtspflege. 
Die Bezeichnung der ausgewählten Sachen kann nach gewissen 
allgemeinen Merkmalen geschehen (Generalklausel) oder durch 
Aufzählung nach ihren Gegenständen (Enumerations- 
methode). Häufig erscheinen in unseren Gesetzgebungen beide 
Verfahren gemischt: die Verwaltungsstreitsachen werden teils nach 
Gegenständen bezeichnet und aufgezählt, teils auch durch eine 
Generalklausel zu solchen gemacht. 
Da das Gesetz nicht bloß was in die Verwaltungsrechtspflege 
kommen soll, sondern auch wie und wie weit es dort behandelt 
werden soll, nicht nach naturgegebenen Grundsätzen bestimmt, 
sondern nach Zweckmäßigkeit und freier Wahl, so betätigt sich 
auch hier wieder die dem Verwaltungsrecht eigene Neigung zu 
mannigfaltigeren Gebilden. 
I. Die Ziviljustiz bekommt ihre Sachen geliefert aus dem 
Rechtsverkehr der Untertanen heraus; sobald die Obrigkeit mit 
einer Sache befaßt wird, verfährt sie in Form der Rechtspflege. 
Die Verwaltungsrechtspflege kann den gleichen Gang befolgen. 
Es kann aber auch bestimmt sein, daß zunächst im gewöhnlichen 
Verwaltungswege, also durch einfachen Verwaltungsakt über den 
Einzelnen auszusprechen ist, was in diesem Falle für ihn Rechtens 
sein soll, und erst gegen diesen Ausspruch kann dann der Ver- 
waltungsrechtsweg beschritten werden, so daß die Obrigkeit, dies 
Mal das Verwaltungsgericht, noch einmal darüber spricht, dies 
Mal in Gestalt eines Urteils. Danach unterscheiden wir ur- 
sprüngliche und nachträgliche Verwaltungsstreit- 
sachen!. 
Die ursprüngliche Verwaltungsrechtspflege erscheint uns 
in der geläufigsten Gestalt, wenn der Einzelne dabei, wie in der 
Ziviljustiz, die Obrigkeit in Bewegung setzt, damit sie mit dem 
Fall sich befasse, um ihn zu seinen Gunsten zu regeln. Sie kann 
1 Ulbrich, Österr. Verw.R. S. 295; Fleiner, Institut. S. 240 f. Die 
französischen Schriftsteller bezeichnen den Gegensatz mit „contentieux & 
priori* und „contentieux a posteriori”.
	        
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