Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.1. Deutsches Verwaltungsrecht. (1)

156 Der Rechtsschutz in Verwaltungssachen. 
aber auch mehr der Strafjustiz gleichen, indem die Obrigkeit 
ihrerseits in diesen Formen gegen den Einzelnen vorgeht, um gegen 
ihn zu bestimmen, was für ihn Rechtens sein soll?®. 
Die nachträgliche Verwaltungsrechtspflege hat in der Justiz 
kein Seitenstück. Denn diese kennt nichts Gleichwertiges, das vor 
ihr käme; ihre Berufung und Revision gehen gegen obrigkeitliche 
Akte, die selbst: schon Justiz waren. Das gibt es auch bei der 
Verwaltungsrechtspflege. Bei ihr aber besteht noch eine andere 
Möglichkeit: die nämlich, daß eine obrigkeitliche Bestimmung des 
Einzelfalles vorausging in Formen des einfachen Verwaltungs- 
verfahrens und durch gewöhnlichen Verwaltungsakt, der dann, 
soweit das Gesetz es zuläßt, angegriffen werden mag auf dem 
Verwaltungsrechtsweg. 
Und zwar kann es geschehen nach dem Vorbild der Berufung 
zu voller Nachprüfung und je nachdem Bestätigung oder Auf- 
hebung. Das heißt hier Verwaltungsklage, weil sie nicht 
gegen ein Urteil geht, sondern die Verwaltungsrechtspiiege erst 
einleiten will. Sachlich ist es gleichwohl eine Berufung, denn der 
Verwaltungsakt, der angefochten wird, ist doch schon ein obrig- 
keitlicher Ausspruch gewesen, der nicht beseitigt wird ohne 
Grund und durch sich selber weiter wirkt, wenn er nicht be- 
seitigt wird?®. 
Es kann auch geschehen nach dem Vorbilde der Revision, 
indem die zu erwirkende Nachprüfung des angefochtenen Ver- 
waltungsaktes sich beschränkt auf eine gewisse Seite davon, vor 
allem den Rechtspunkt. Das gibt denn die sogenannte Rechts- 
kontrolle‘. 
ll. Zum Wesen der Rechtspflege gehört die Partei, das 
Rechtssubjekt, das das zu erlassende Urteil angeht und das darum 
2 Klage der Ortspolizeibehörde beim Kreisausschuß auf Untersagung 
eines Gewerbebetriebes (Pr. Zust.Ges. 1. Aug. 1&&3 $ 119). Die Ortspolizei- 
behörde ist hier Staatsanwalt; vgl. oben $ 14, 1II n. 3. 
8 Der angefochtene Verwaltungsakt läßt sich nicht vergleichen mit einem 
Zahlungsbefehl nach Z.P.O. 8 688 ff. Dieser ist nichts als ein Versuch zu 
summarischer Regelung der Sache; der Verwaltungsakt dagegen stellt selbst 
schon das ordentliche Verfahren vor. 
* Darüber unten Ill. Es gibt ein falsches Bild, wenn man einseitig nur 
die Verwendung der Verwaltungsrechtspflege zur Rechtskontrolle hervorhebt. 
So Gneist, Rechtsstaat S. 273 ff.; Loening, S. 797, Bornhak, Preuß. 
St.R. 11 S. 449. Letzterer verkennt nicht, daß die Verwaltungsgerichte da- 
zwischen in Formen des Prozesses „selbst die ursprüngliche Anordnung er- 
lassen“ (S. 451); aber da hilft iım das bekannte Rezept: es ist „Verwaltungs- 
rechtspflege nur im formellen, nicht im materiellen Sinn.“
	        
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