Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.1. Deutsches Verwaltungsrecht. (1)

$ 15. Arten der Verwaltungsstreitsachen. 159 
Lücke. Wir haben also hier trotz des Vertreters des öffentlichen 
Interesses gegebenen Falles ein Verfahren mit einer Partei und 
einseitiger Prozeßführung®. 
Ill. Wir können auf dem Gebiete des Zivilprozesses eine 
volle und eine beschränkte Rechtspflege unterscheiden, 
je nach dem Umfange, in welchem sie ihren Fall erfaßt. 
Dabei denken wir weniger an die freiwilligen Beschränkungen, 
welche die Zivilprozeßordnung gestattet (8 301: Teilurteil, $ 308: 
Zwischenurteil, 8 304: Vorabentscheidung über den Grund). Der- 
gleichen ist in der Verwaltungsrechtspflege nicht unzulässig; aber 
die auf Erledigung drängende Obrigkeit wird es tunlichst ver- 
meiden’. Woran wir anzuknüpfen haben, das ist die durch 
Gesetz beschränkte Rechtspflege, für welche die Zivil- 
prozeßordnung ein Beispiel bietet in dem Rechtsmittel der Revision: 
Geprüft wird hier nur die Frage der richtigen Rechtsanwendung, 
und das Revisionsurteil beschränkt sich darauf, die aus der Be- 
antwortung dieser Frage sich ergebenden Folgen auszusprechen; 
die Tatfrage ist ihm unantastbar. 
Iu der Verwaltungsrechtspflege entsprechen dem vor allem die 
Einrichtungen, die man wohl unter der Bezeichnung Rechts- 
kontrolle zusammenfaßt®. Sie bedeuten immer eine mehr oder 
6 Bayr. Ges. v. 8. Aug. 1878 Art. 4, Art. 42 („Staatsanwalt“ beim Ver- 
waltungsgerichtshof); Preuß. L.V.G. $ 74 Abs. 2; Bad. Ges. v. 14. Juni 1884 
88; Sächs. Ges. v. 19. Juni 1900 $ 12. Das Vorbild ist hier der französische 
Staatsanwalt, wenn er im Zivilprozeß neben den Parteien auftritt, als partie 
jointe, im Gegensatz zu den Fällen, wo er selbst eine Parteirolle zu führen 
hat als partie principale. Von Vertretung des öffentlichen Interesses spricht man 
bei uns wohl auch in Fällen der letzteren Art. Insbesondere meint man damit 
den Vorsitzenden einer vorwiegend ehrenamtlichen Verwaltungsbehörde, der 
gegen die Beschlüsse seines Kollegiums Rechtsmittel einlegt, und den Beamten, 
der dieses Rechtsmittel vor dem Verwaltungsgericht vertritt: Preuß. L.V.G. 
8 123; Bad. Ges. v. 14. Juni 1884 8 41 Ziff. 3; Apelt, Ges. über die Verw.R.Pfi. 
S. 27 u. 28. Wenn Friedrichs, in Verw. Arch. VI S. 412, das ausdrückt, 
als sei hier „das öffentliche Interesse Hauptpartei“, so ist dabei viel licentia 
poetica beansprucht. Der Staat ist hier der Vertretene; vgl. oben S. 152. 
TReger-Dyroff, Verw. Ger. Ges. zu Art. 21 Abs. 1 Anm. 2, I; 
Wachler, in Fischers Ztschft. XXXVII S. 3800 Note 2; Apelt, Verw.R.Pfl. 
Ges. S. 468. In Preußen wird die Zulässigkeit von Teilurteilen schlechthin 
verneint: O.V.G. 14. Nov. 1893 (Preuß. Verw.Bl. XV S. 250). 
8 Gesetzlich beschränkte Verwaltungsrechtspflege erscheint auch sonst 
Bad. Verw.R.Pfl.Ges. $ 3 Ziff. 9, Ziff. 29; vor allem Bayr. Verw. Ger. Ges. 
Art. 13 Abs. 1 Ziff. 3: der V.G.H. ist auch in dieser Abgrenzung „wirkliches 
Instanzgericht“, berufen, den Parteien Recht zu sprechen in der Sache selbst; 
Reger-Dyroff, Verw.Ger.Ges. zu Art. 7 Abs. 1 Anm. la). Die Rechts-
	        
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