Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.1. Deutsches Verwaltungsrecht. (1)

164 Der Rechtsschutz in Verwaltungssachen. 
die Tatfrage einer Nachprüfung unterzogen. Es wird nicht ge- 
prüft, ob das Recht richtig zur Anwendung gekommen ist auf den 
von der unteren Behörde festgestellten Tatbestand, sondern ob es 
richtig zur Anwendung gekommen ist auf den wirklichen Tat- 
bestand, der nötigenfalls neu untersucht und festgestellt wird??. 
Ähnliche Klagen gewähren das Württembergische, 
Badische und Sächsische Recht ?®. 
Die Bedeutung des Rechtsmittels liegt nicht, wie bei der 
Revision, einseitig in der Gewähr einer gleichmäßigen Auslegung 
des bestehenden Rechts, wie eine gesunde Rechtspolitik sie ohne- 
dies verlangte. Sondern der Schutz des Untertanen gegen un- 
genügende oder willkürliche Behandlung des Tatbestandes, an 
welchen das Gesetz seine Vorschriften hängen will, wird mit um- 
faßt. Die Nachprüfung schaut hier etwas hinter den Schleier, 
welchen für die Revision der festgestellte Tatbestand vor die 
Wirklichkeit der Dinge hält. Das ist es, was dieses Rechtsmittel 
so wirksam macht. 
3. Einen Schritt weiter auf dieser Bahn führt die Bestimmung 
des preußischen Gesetzes, wonach die Anfechtungsklage auch 
gestützt werden kann auf die Behauptung: „daß die tatsächlichen 
Voraussetzungen nicht vorhanden seien, welche die Polizeibehörden 
zum Erlasse der Verfügung berechtigt haben würden“ ?!. Hierdurch 
wird der Nachprüfung überdies noch ein Stück freien Er- 
messens unterstellt. 
Was hier die Berechtigung der Polizeibehörde zum Vor- 
gehen genannt wird, ist ihr immer von der Rechtsordnung, vom 
Gesetz und was ihm gleichsteht, verliehen. Sie setzt einen ge- 
wissen Tatbestand voraus, an welchen sie sich knüpft. Die Art, 
wie die Verknüpfung erfolgt, ist aber verschieden denkbar. 
Sie kann geschehen durch Anwendung des Gesetzes auf 
10 Über diesen Unterschied von der Revision, vgl. Bericht zum Zust.Ges. 
Entw. v. 1875, Sten. ber. d. Abg. Hauses 1876, Anl. 3 S. 1457. 
20° Württ. Ges. 16. Dez. 1876 Art. 13; Bad. Ges. 14. Juni 1884 $ 4; 
Sächs. Ges. v. 14. Juli 1900 $ 76. Letzteres am klarsten: „Die Anfechtungs- 
klage kann nur darauf gestützt werden ... (folgt die Revisionsformel). Dabei 
unterliegen auch die tatsächlichen Feststellungen der Nachprüfung, soweit sie 
auf die rechtliche Beurteilung der Sache von Einfluß sind“. Vgl. dazu Sächs. 
0.V.G. 19. Febr. 1902 (Jahrb. III S. 53). 
2! 1.V.G. $ 127 Abs. 3 Ziff. 2; ebenso Braunschw. Verw.R.Pfl. Ges. v. 
5. März 1895 8 9. Dem Sinne nach gleich Bad. Verw.R.Pfl. Ges. v. 14. Juni 1884 
$ 4 Abs. 2 Ziff. 2: „weil die obwaltenden tatsächlichen Verhältnisse jede Be- 
rechtigung der Behörde zu der angefochtenen Verfügung ausschließen“.
	        
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