S 16. Die Rechtskraft in Verwaltungssachen. 175
Es kann aber eine derartige Verfügung auch erlassen werden
urteilsweise nach einem Verfahren mit zwei entgegengesetzten
Parteien; eine gewerbepolizeiliche Genehmigung z. B. ist auf er-
hobenen Einspruch vom Verwaltungsgericht versagt worden. Abso-
lute Rechtskraft gibt es hier so wenig wie im vorigen Fall;
andererseits ist aber klar, daß hier ein neues Gesuch nicht so
ohne weiteres Annahme finden darf: der Widersacher hat ein Recht
darauf, daß es bei der von ihm erstrittenen Entscheidung bleibe,
es sei denn, daß die Sachlage sich geändert hat (nicht mehr eadem
res) oder er seinerseits einwilligt und dadurch auf sein Recht am
Urteil verzichtet".
2. In der Justiz ist das Schicksal der Sache besiegelt, wenn die
absolute Rechtskraft den Gerichten verbietet, sich mit dieser bürger-
lichen Rechtsstreitigkeit noch einmal obrigkeitlich zu befassen; denn
außer den Gerichten kann das ohnehin niemand tun. In der Ver-
waltung aber ist die Verwaltungsrechtspflege die Ausnahnie, die hier
und da einmal eine Sache herausgreift. Daneben geht das Leben der
Verwaltung auch in diesen Dingen seinen Gang weiter, und auch
einfache Verwaltungsbehörden können vermöge ihrer
allgemeinen Zuständigkeit in die Lage kommen, noch einmal dazu
Stellung zu nehmen. Diese aber sind zweifellos durch absolute
Rechtskraft nicht daran gehindert, sich in anderem Sinne aus-
zusprechen; konnte man doch sogar bei den Verwaltungsgerichten
die Anwendbarkeit jenes Grundsatzes in Frage stellen. Gleich-
wohl leuchtet ein, daß ihre Entschließungen hier eine Grenze
haben müssen an dem erworbenen Rechte der Partei: was in dem
18 Hier würde der vom O.V.G. 25. Juni 1879 (Entsch. V S. 292) aufgestellte
Grundsatz durchschlagen: „der obsiegenden Partei ist ein wohlerworbenes
Recht zum Schutze gegen fernere Anfechtung durch den Gegner gewährt“.
0.V.G. 1. März 1882 (Entsch. VIII S. 359) fragt bei Untersuchung der Rechts-
kıaft der Abweisung eines derartigen Gesuches nur, ob „Rechte einer am
Streite beteiligten Privatperson“ dem erneuten Gesuche im Wege stehen?
Bayr. V.G.H. 13. Juni 1889 (Samml. XI S. 262): „Eine Rechtskraft in dem
Sinne, daß unabänderliches Recht geschaffen wird, könnte nur insoweit ein-
treten, als durch den betreffenden Beschluß zugleich verwaltungsrechtlich über
bestrittene Rechte und Verbindlichkeiten zwischen dem Konzessionssucher
und dessen Gegeninteressenten entschieden wäre.“ V.G.H. 11. Dez. 1907
(Reger XXVIII S. 173): Kläger berufen sich auf die materielle Rechtskraft
von Bedingungen, welche einer gewerbepolizeilichen Genehmigung beigefügt
waren; aber sie hatten sich an dem „verwaltungsrechtlichen Verfahren“ über-
haupt nicht beteiligt; „demgemäß konnte durch diese Bedingung für sie auch
nicht ein unveränderliches Recht in dem Sinne geschaffen werden, daß das-
selbe der späteren Aufhebung dieser Bedingung entgegenstände.“