Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.1. Deutsches Verwaltungsrecht. (1)

176 Der Rechtsschutz in Verwaltungssachen. 
Prozeßverfahren mit ihr einmal festgesetzt worden ist, kann zu 
ihrem Nachteil nicht geändert werden. Mit ihrer Einwilligung 
allerdings kann es geschehen; denn es handelt sich nur um relative 
Rechtskraft, und die ist verzichtbar !*. 
IV. Überall wirkt die Rechtskraft nur so weit, als das 
Urteilden Fallerfaßthat. Das gibt beiderbeschränkten 
Verwaltungsrechtspflege die entsprechenden Abstufungen. 
1. Das Bayrische Verwaltungsurteil erfaßt die Rechtsfrage 
samt dem zugehörigen Tatbestand, um so eine Entscheidung 
in der Sache selbst zu geben, erledigt sie also ganz, wenn sie 
ganz in der Rechtsanwendung begriffen ist, teilweise, wenn eine 
Ermessensfrage mitläuft, die als solche frei gelassen werden muß 
samt ihren besonderen tatsächlichen Grundlagen °. 
2. Das Urteil auf die Anfechtungsklage des Preußischen, 
Sächsischen, Württembergischen, Badischen Rechts erfaßt ebenso 
Rechtsfrage mit zugehörigem Tatbestand, aber lediglich, um die 
Gültigkeit des angefochtenen Aktes anzuerkennen oder 
zu verneinen, als Rechtskontrolle.e. Wird er aufgehoben, so ist 
rechtskräftig festgestellt, daß bei diesem Tatbestand und so lange 
er so bleibt, die Behörde einen Akt, wie er vorliegt, gültig nicht 
erlassen kann!®. Wird die Klage abgewiesen, so ist rechtskräftig 
festgestellt, daß dieser Akt wegen Gesetzesverletzung nicht für 
ungültig erklärt werden kann. 
3. Die Revision des Preußischen Rechtes, ebenso wie die Be- 
schwerde zum Österreichischen Verwaltungsgerichtshof führt zur 
gleichen Rechtskontrolle, aber ohne Neuprüfung und Fest- 
stellung des Tatbestandes. Wird das Gesuch abgewiesen, 
so ist die Wirkung verneinend wie bei der Aufechtungsklage. Wird 
der angegriffene Akt vernichtet, so ist hier zur Sache nichts ent- 
schieden; die eigene Wirkung des Urteils beschränkt sich auf das 
weitere Verfahren, welches nun für sie zunächst bei den unteren 
Behörden vor sich gehen mag: die Behörden sind dabei ge- 
  
!* Die älteren Verwaltungsrechtspflegegesetze hatten sich erklärlicher 
Weise hier zurückgehalten. Aber jetzt bestimmt Sächs. Ges. v. 19. Juli 1900 
$ 60: „Das rechtskräftige Urteil bindet für den Streitgegenstand außer den 
Parteien sowohl die Verwaltungsgerichte als auch die Verwaltungsbehörden, 
und zwar diese mit der Wirkung, daß sie gegen den Willen der Parteien 
nichts verfügen können, was davon abweicht.“ Ebenso Hess. Ges. v. 8. Juli 
1911 Art. 67. 
15 Bayr. V.G.H. 7. Dez. 1880 (Samml. II S. 285, Reger I S. 440). 
18 0.V.G. 23. Juni 1900 (Entsch. XXVIIL S. 309).
	        
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