$ 17. Zuständigkeit der Zivilgerichte gegenüber der Verwaltung. 183
II. Es handelt sich aber hier nicht, wie bei der Zuständigkeits-
ordnung zwischen Gerichten oder zwischen Verwaltungsbehörden
unter sich, um eine bloße Verteilung der für den Staat zu be-
sorgenden Geschäfte, sondern was jeder der beiden Behördenreihen
auf solche Weise zugewiesen ist, bildet einen ihr zugehörigen
geschlossenen Machtkreis, den sie verteidigt gegen Über-
griffe von der anderen Seite her.
1. Der Übergriff kann die nämlichen Formen annehmen wie
die Zuständigkeitsüberschreitung zwischen den Gerichten:
die Justiz nimmt der Verwaltung eine Sache weg, die sie zu
entscheiden hätte, und umgekehrt. Er kann aber auch darin be-
stehen, daß unbefugterweise eine Gewalt über den anderen
Teil und seine selbständige Tätigkeit ausgeübt werden soll. Die
alten „Machtsprüche“* geben Beispiele solcher Behandlung der
Justiz von Seiten der Verwaltung (oben $ 4, I n. 3). Heutzutage
würde sich das vor allem in umgekehrter Richtung dadurch leicht
ergeben, daß die Justiz, die ja über den Fiskus zu erkennen be-
rufen ist, mittels Ausdehnung des Zivilrechts auf öffentlichrechtliche
Verhältnisse auch den Staat so behandelt. Demgegenüber wird
dann die Verwaltung das, was die Justiz macht, nicht notwendig
für ihre Zuständigkeit in Anspruch nehmen, sondern vielmehr
fordern, daß es überhaupt nicht geschehe!!. Unter Um-
ständen kann auch ein Vorgehen der Gerichte in Frage kommen,
das die Verwaltung selbst gar nicht trifft, aber ihre Zirkel stört,
gleich ein Mittel gestellt hätte, um diese mit der größten Bequemlichkeit zu
übersteigen.
10 In Frankreich spricht man hier wieder von einem pouvoir judiciaire
und einem pouvoir administratif, die sich gegenüberstehen, und der Grenzstreit
zwischen ihnen ist kein conflit de juridiction, wie die gewöhnlichen Zu-
ständigkeitsfragen zwischen Behörden derselben Art, sondern ein conflıt
d’'attribution: Theorie d. franz. Verw.R. S. 87ff.; G. Jöze, principes du dr.
adm., S. 123fl.; Hauriou, precis de dr. adm. (1903) S. 808.
11 Es genügt, daß die Beschreitung des Rechtswegs „einen Eingriff in den
Wirkungskreis der Verwaltungsbehörden darstelle“; es ist nicht erforderlich,
„daß die Verwaltungsbehörde gerade die Entscheidung der Angelegenheit
für sich in Anspruch nimmt“: Oppenhoff, Kessortverh. (1904) S. 475. In
diesem Sinne verbietet franz. Ges. v. 22. Dez. 1789 sect. III Art. 7 u. Ges. v.
16. Aug. 1790 tit. II art. 13 den Gerichten de troubler les fonctions admini-
stratives. — Einen Fall berichtet Verw. Arch. XIV S. 526: In Bielefeld ist
Belagerungszustand; der Militärbefehlshaber befiehlt Schließung der Wirt-
schaften um 9 Uhr; ein Rechtsanwalt rät den Bürgern öffentlich, die Aufhebung
des Belagerungszustandes im Wege der einstweiligen Verfügung beim Amts-
gericht zu beantragen.