Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.1. Deutsches Verwaltungsrecht. (1)

8 17. Zuständigkeit der Zivilgerichte gegenüber der Verwaltung. 187 
2. Die Erhebung des Kompetenzkonfliktes geschieht 
durch eine Verwaltungsbehörde, welche vom Gesetz damit betraut 
ist, die ganze Verwaltung hierin zu vertreten. Sie geschieht 
durch eine Erklärung an das Gericht, das mit der Sache befaßt 
ist, soll aber dann auch ihrerseits Wirkungen erzeugen gegenüber 
der ganzen Justiz. 
Sie ist unwirksam, wenn sie nicht vor Eintritt der Rechts- 
kraft des Urteils abgegeben wird, welches den Übergriff enthalten 
soll!®. Dem entspricht es, daß der Zeitpunkt, mit welchem sie 
zulässig wird, möglichst weit vorverlegt werden muß; der früheste 
ist immer das Anhängigwerden der Sache bei Gericht. Die Er- 
hebung des Kompetenzkontlikts hat unmittelbar die Wirkung, daß 
das gerichtliche Verfahren unterbrochen wird bis zur Ent 
scheidung des Kompetenzkonfliktshofes. In Widerspruch damit 
vorgenommene Handlungen der Parteien wie des Gerichtes sind 
nichtig ®®. 
3. Der Kompetenzkonfliktshof pflegt hälftlich besetzt 
Gesetzgebung keine Lösung, so wird das nicht richtig sein: ist der Kompetenz- 
konflikt für das Verwaltungsgericht nicht rechtzeitig nach G.V.G. $ 17 Abs. 2 
erhoben, so geht gemäß $ 17 Abs. 1 auch in diesem Falle das zivilgericht- 
liche Urteil vor. 
'? Es handelt sich auch hier nicht um eine Wirkung der materiellen 
Rechtskraft, sondern um einen vom Gesetze frei gewählten Endtermin; um 
einen solchen hier abzugeben, genügt die formelle Rechtskraft. Sarwey, 
Öff. R. u. Verw.R.Pfl. S. 680, findet ihn „unlogisch“ gewählt. Man hätte allerdings 
ebenso gut sagen können, der Konflikt sei ausgeschlossen mit Ablauf von 
14 Tagen nach eingetretener Rechtskraft; aber darauf kommt es nicht an. — 
Das Reichsgericht hat den Anspruch erhoben, daß der landesgesetzlich ein- 
gerichtete Kompetenzkonflikt nicht mehr statthaft sei, wenn die Sache einmal 
im Wege der Revision bei ihm anhängig geworden ist: Ver. Ziv. Sen. 22. Mai 
1901 (Entsch. XLVIII S. 195). Allein, wenn das Reichsgesetz wohl über allem 
steht, so hat es eben der Landesgesetzgebung nicht bloß die Macht gegeben 
zu bestimmen, was vor die reichsgesetzlich geordneten Gerichte — mit Ein- 
schluß des Reichsgerichts — nicht gehören soll (G.V.G. $ 13), sondern auch 
die Macht, die so bestimmte Grenzlinie im Einzelfalle zu schützen durch das 
Institut des Kompetenzkonflikts, und zwar bis zur Rechtskraft, die ja beim 
Reichsgericht noch nicht eingetreten ist. Vgl. Vierhaus, in Verw.Arch. XI 
S. 40 fl.; G. Meyer-Anschütz, D. St.R. S. 666 Note 13. — Das Preuß. 
Ges. v. 22. Mai 1902 hat sich der Forderung des Reichsgerichts angepaßt; das 
stand ibm frei. Ähnlich vorher schon Bayr. Ges. v. 18. Aug. 1879; Württ. Ges. 
v. 25. Aug. 1879. 
2° Preuß. Verord. v. 1. Aug. 1879 $ 7 verweist auf Z.P.O. $ 226 (jetzt 
$ 249); das würde nur eine Anfechtbarkeit bedeuten. Hier, wo die Unter- 
brechung aus Rücksichten des öffentlichen Wohles geschieht, muß ihre Wirkung 
selbständiger sein.
	        
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