Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.1. Deutsches Verwaltungsrecht. (1)

188 Der Rechtsschutz in Verwaltungssachen, 
zu sein aus Justiz und Verwaltung, nach Vorbild eines zwischen 
diesen beiden Mächten entscheidenden Schiedsgerichtes. Das 
Verfahren bringt schriftliche Äußerungen der Parteien des 
unterbrochenen Prozesses, des Gerichtes, sowie der obersten Ver- 
waltungsbehörde und endigt mit einer mündlichen Verhandlung, 
an der jene Parteien und ein von der obersten Verwaltungsbehörde 
abgeordneter Beamter sich beteiligen können, um ihre Ansicht 
noch einmal dem Kompetenzgerichtshof zu Gehör zu bringen. Es 
handelt sich aber um kein Parteiverfahren; der Streit ist lediglich 
zwischen Justiz und Verwaltung, und die sind keine Rechtssubjekte, 
also auch keine Parteien. Der Ausspruch des Gerichtshofs be- 
deutet lediglich eine mit schützenden Formen umgebene Ausübung 
der obersten Ordnungs- und Aufsichtsgewalt?®!. 
4. Der Ausspruch entscheidet über die Zulässigkeit des 
Rechtswegs in dieser Sache. 
Erklärt er diesen für unzulässig, so vollzieht sich damit 
ein Eingriff in den Gang der Justiz. Es wird festgestellt, daß 
alles, was sie hier bisher vorgenommen hat auf Grund der An- 
nahme ihrer Zuständigkeit, rechtswidrig war und nichtig sein soll. 
Daran schließt sich ein Verbot, sich weiter auf Grund der gleichen 
Annahme mit der Sache zu befassen. Entscheidungen, die nicht 
auf dieser Annahme beruhen, können immerhin noch ergehen, im 
Kostenpunkte etwa, oder behufs Abweisung der Klage wegen Un- 
zuständigkeit, wenn der Kläger sie nicht freiwillig zurücknimmt. 
Nimmt er sie zurück, so hindert die Entscheidung des Kompetenz- 
konfliktshofes ihn nicht, eine neue Klage gleichen Inhalts zu er- 
heben, noch auch das Gericht, sich erneut damit zu befassen. Es 
gibt hier keine Rechtskraft *?. 
Ist umgekehrt, wie die Formel lautet: der von der Ver- 
waltungsbehörde erhobene Kompetenzkonflikt für 
unbegründet erklärt worden, so kann das Verfahren bei 
(rericht weiter gehen; die Unterbrechung fällt weg. Eine erhobene, 
2! Es besteht hier, wie für die Entscheidung des negativen Kompetenz- 
kontlikts, eine gewisse Verwandtschaft mit der „Bestimmung des zuständigen 
Gerichts“ nach Z.P.O. $ 36 Ziff. 5 u. 6, aus der man schon allerlei gemacht 
hat, sogar eine lex specialis (Hellwig, Z.P.R. II S. 270) — Im französischen 
Rechte, aus welchem die Ordnung der Kompetenzkonfliktsentscheidung stammt, 
hatte sie ursprünglich gleichwertige Seitenstücke an der Entscheidung auf 
recours en cassation und auf recours pour exces de pouvoir; alle drei be- 
deuteten sie materieller Rechtskraft nicht fähige Eingriffe der Oberaufsicht ; 
vgl. oben $ 16 Note 17. 
#8 Wach, Z.P.R. I S. 105; Oppenhoff, Ressortverli. (1904) S. 492.
	        
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