Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.1. Deutsches Verwaltungsrecht. (1)

& 1. Der Begriff der Verwaltung. 7 
finden. Alle Beurkundungen, Genehmigungen, Beaufsichtigungen 
der freiwilligen Gerichtsbarkeit haben ihre Seitenstücke in der 
Verwaltung; Rechtsprechung ist vielleicht die Hälfte aller Ver- 
waltungsakte, die Verwaltungsrechtspflege ist sachlich vollkommen 
gleicher Natur wie die Zivilrechtspflege. Die Ausscheidung ist 
lediglich begründet durch den verschiedenen Ausgangspunkt 
der Tätigkeit: was nicht von den Zivilgerichten ausgeht, ist 
Verwaltung; auch die Verwaltungsgerichte sind Verwaltungs- 
behörden !!. | 
Sodann gehören nicht zur Justiz solche Geschäfte, die wohl 
bei den Gerichten besorgt werden, ihrer Art nach jedoch nicht 
die obrigkeitliche Leistung für Schutz und Ordnung im Gemein- 
wesen darstellen, die der Justiz eigen ist. Darunter fallen namentlich 
die den Gerichten oder einzelnen Richtern etwa übertragenen 
Geschäfte der Justizverwaltung mit ihren Materialverwaltungen, 
GebäAudebesorgungen, Ernennungen usw. | 
3. Aus der Art, wie die Begriffe Gesetzgebung und Justiz sich 
bestimmt haben, folgt von selbst, daß die Verwaltung, die nun 
noch übrig bleibt, nicht abgegränzt werden kann nach der be- 
sonderen Art ihrer Geschäfte. Ein bestimmter Ausgangspunkt ist 
für jene wesentlich; ganz das nämliche, wenn es nicht von der 
Trägerschaft der obersten Gewalt unmittelbar ausgeht, ist nicht 
Gesetzgebung, sondern Verwaltung, und ebenso werden Tätigkeiten 
zur Aufrechterhaltung der Rechtsordnung Verwaltung, sobald sie 
losgelöst erscheinen von den Zivilgerichten. 
Deshalb ist der Begrifi Verwaltung in dieser Richtung nur 
verneinend zu bestimmen: als Tätigkeit des Staates, die nicht 
Gesetzgebung oder Justiz ist '®. 
4. Aber nicht alles, was weder Gesetzgebung ist noch Justiz, 
ist Verwaltung. 
Zunächst bietet uns das Verfassungsrecht eine Reihe von 
solchen Tätigkeiten. Das Verfassungsrecht soll den Staat fertig 
stellen als das handlungsfähige Gemeinwesen, damit er alsdann in 
Gesetzgebung, Justiz und Verwaltung seine Zwecke verfolgen 
könne. Die Fertigstellung kann aber nicht durch die ruhende 
Rechtsordnung allein geschehen; es bedarf mancherlei Anordnungen 
und Geschäftsbesorgungen, um die Verfassung gar einzurichten und 
11 So der Preuß. Justizminister Leonhardt bei Beratung des G.V.G. im 
Reichstage (Hahn, Mat. zu G.V.G. S. 1185). 
18 Sarwey, A.V.R. S. 14; Arndt, in Birkmeyer, Enzykl. S. 845; 
Fleiner, Instit. S. 5.
	        
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