198 Der Rechtsschutz in Verwaltungssachen.
Noch eigentümlicher ist die zweite Besonderheit der Beamten-
haftpflicht: Einwirkung des Dienstbefehls. Auf dem Gebiete
des Privatrechts, wo der eine für den anderen zu handeln berufen
ist, kann der Geschäftsherr Anweisungen geben, die das Verhalten
seines Vertreters näher bestimmen; kommt aber die rechtswidrige
Schädigung eines Dritten dabei heraus, so wird der Vertreter, der
persönlich in Anspruch genommen werden soll, sich vergeblich auf
die richtig ausgeführte Anweisung berufen. Die persönliche Haftung
des Beamten aber gemäß B.G.B. $ 839 richtet sich auch im Außen-
verhältnis nach seiner Dienstpflicht, und diese selbst wird durch
den Dienstbefehl in maßgebender Weise bestimmt. Eine Nach-
prüfung und gegebenen Falles Gehorsamsverweigerung ist dem
Untergebenen nur in beschränktem Maße gestattet. Wo die Vor-
aussetzungen dafür nicht vorliegen, bindet den Untergebenen der
Dienstbefehl schlechthin und bestimmt die Amtspflicht, selbst wenn
der Erfolg für den Dritten eine rechtswidrige Schädigung bedeuten
sollte (vgl. unten $ 45 I). Also ist diese Schädigung gleichwohl
für den Beamten keine Verletzung der dem Dritten gegenüber
ihm obliegenden Amitspflicht, die ihn nach $ 839 haftbar machen
könnte. Auf diesem Wege mußte es die eigentümliche Art, wie
die Beamtenhaftung mittels eines Nachaußenwirkens der Dienst-
pflicht geordnet ist, von selbst auch mit sich bringen, daß der
Dienstbefehl dem Beamten als ein Befreiungsgrund zustatten
kommt !".
? Bauer, in Annalen 1%2 S.900: „Es kann nicht zweifelhaft sein, daß
— soweit die Gehorsamspflicht reicht — der Gehorchende von zivilrechtlicher
Haftung ... frei bleiben muß“. Mit Recht bezeichnet das Bauer zunächst als
ein bloßes Postulat; die Erfüllung sieht er aber gegeben in B.G.B. $ 823, wo-
nach jede Haftung ein Verschulden voraussetzt; von einem solchen könne aber
„auf Seite des Gehorchenden dann keine Rede sein, wenn er nach Lage der
Sache mit Recht glauben durfte, in Vollziehung eines für ihn verbindlichen
Befehls zu handeln“. — Damit geraten wir in ein falsches, wenn auch viel
befahrenes Geleise. Das Postulat ist durch den Begriff der Amtspflicht-
verletzung in $ 839 selbst erfüllt. Es handelt sich nicht um Irrtum,
guten Glauben, Verschulden. Der Befehl deckt vor der Haftung, so-
weit er bindet; das tut er unter Umständen auch bei rechtswidriger Maß-
regel; dann tut er es aber auch, ohne daß noch ein Irrtum dazu zu kommen
brauchte: auch der erfahrene Beamte, der den Kopf schüttelt über den Miß-
griff seines jungen Vorgesetzten, muß unter Umständen gehorchen und ist dann
gedeckt. Es wäre schlimm, wenn es anders wäre. Erst wenn ein bindender
Befehl und eine Gehorsamspflicht nicht besteht, kann noch der Irrtum in Be-
tracht kommen und die Frage, inwieweit er wegen mangelnden Verschuldens
die Haftung ausschließt. Das wird vor allem der Fall sein, wenn der äußer-