Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.1. Deutsches Verwaltungsrecht. (1)

200 Der Rechtsschutz in Verwaltungssachen. 
hat nicht gesehen, daß das auf einem ganz anderen Blatte steht. 
Und das Ergebnis der Vermengung ist, daß jetzt vielfach der Staat 
statt des Beamten haftet, die Schadensersatzklage des Verletzten 
gegen den Beamten einfach gestrichen ist !®, 
Damit ist eine bedeutsame, früher sehr hochgewertete Rechts- 
schutzeinrichtung für das Gebiet der öffentlichen Verwaltung ohne 
Not preisgegeben worden. Das wird besonders fühlbar, wenn, wie 
beim Militär, auch die Strafverfolgung einem Standesgerichte über- 
tragen ist. Für das Gebiet des Fiskus, wo es nicht so sehr Be- 
dürinis ist, haftet der Beamte noch. 
II. Der Schadensersatzanspruch des Verletzten gegen den 
schuldigen Beamten bedeutet, wenn er geltend gemacht werden 
soll, ebenso wie der Anspruch gegen den durch Gesetz dafür haftbar 
gemachten Staat, eine zweifellose bürgerliche Rechtsstreitigkeit im 
Sinne von G.V.G. $ 13. 
Es sind aber gerade für den Fall, der uns allein angeht, wo 
nämlich die Verletzung auf dem Boden der öffentlichen Verwaltung, 
„in Ausübung der Öffentlichen Gewalt“, zugefügt ist, eigenartige 
Erschwerungen der Rechtsverfolgung eingerichtet worden. 
Sie haben den Zweck, die Verwaltung gegenüber der Justiz, die 
ja durch diese Sachen mittelbar einen sehr mächtigen Einfluß auf 
sie ausübt, wieder einigermaßen in ihrer Selbständigkeit sicher- 
zustellen. Eine gewisse Verwandtschaft mit der Grundidee des 
Kompetenzkonflikts ist von vornherein nicht zu verkennen. 
l. Wie für den Kompetenzkonflikt, so hat auch für diese 
Hemmungen des Vorgehens wegen rechtswidriger Amtshandlungen 
das französische Recht das Vorbild geliefert. 
Die Schadensersatzklage gegen den fehlenden Beamten gehörte 
immer auch dort vor die ordentlichen Gerichte. Allein sofern es 
sich dabei um die Beurteilung der Rechtsgültigkeit eines Ver- 
waltungsaktes handelte, griff der strenge Grundsatz Platz, wonach 
die Gerichte dafür unzuständig sind und aussetzen müssen, bis 
die Verwaltung über diese Vorfrage entschieden hat?. Dazu kam 
dann durch die Verfassung vom 22. frim. VIII Art. 75 die so- 
renannte garantie constitutionnelle, wonach Beamte der öffent- 
19 Preuß. Ges. v. 1. Aug. 1909 8 1; Bayr. A.G. z. B.G.B. Art. 60; Württ. 
A.G. z. B.G.B. Art. 202; Bad. A.G. z. B.G.B. Art. 5; Oldenb. Ges. v. 22. Dez. 
1908 8 1; Reichsges. 22. Mai 1910 $ 1. Daß der Beamte noch dem Regreß des 
Staates ausgesetzt bleibt, will für den rechtspolitischen Zweck, der hier in 
Betracht kommt, wenig sagen. Das ıacht der geneigte Vorgesetzte. 
20 Vgl. oben $ 17 Note 13.
	        
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