Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.1. Deutsches Verwaltungsrecht. (1)

218 Die Polizeigewalt. 
verständlich möglichst die Formen des Rechtsstaates an. Aber 
der Zusammenhang mit jener dem alten Naturrecht entsprechenden 
Grundlage einer vorausgesetzten allgemeinen Untertanenpflicht 
rechtfertigt ihren alten Namen und gibt ihr zugleich ihre Eigen- 
art, die sie auszeichnet vor allen anderen Erscheinungen des Ver- 
waltungsrechts. 
III. Die Einteilungskunst unserer wissenschaftlichen Literatur 
hat sich von jeher an der Polizei mit ganz besonderem Erfolg be- 
tätig. Wir erwähnen hier nur, was zugleich Besonderheiten der 
Polizeigewalt hervorheben und deshalb rechtswissenschaftliche Be- 
deutung in Anspruch nehmen möchte. 
In erster Linie unterscheidet man gerichtliche und admini- 
strative Polizei. Damit hat es folgende Bewandtnis. 
Jede Straftat des gemeinen Strafrechts ist zugleich eine 
Störung der guten Ordnung, welche die Polizei abzuwenden be- 
rufen ist (vgl. unten $ 23 Note 6). Die gerichtliche Polizei aber 
geht über diese Aufgabe hinaus. 
Der Ausdruck selbst stammt aus Frankreich. Mit der Durch- 
führung der Institution des procureur du roi bei den Gerichten 
war das diesem Verwaltungsbeamten unterstehende Personal der 
Sicherheitspolizei in den Dienst der Strafrechtspflege gestellt worden 
und verdrängte da die alte schwerfällige Dienerschaft der selb- 
ständigen Gerichtshöfe. In der Ziviljustiz blieb alles einheitlich 
Arbeit dieser Gerichtshöfe und ihrer Leute, der huissiers, notaires; 
S.289;, Thoma, Polizeibef. S.50. Über die „gute Ordnung“ das nähere unten 
$ 20, 1; Versuche zur Hervorhebung einzelner Hauptrichtungen schon in der 
Begriffsbestimmung sind meist unschädlich, fördern aber nicht. — 
Unter Polizei würde dem entsprechend die Verwaltungstätigkeit zu ver- 
stehen sein, die mit jener Gewalt arbeitet. Gegenüber der laxeren Verwendung, 
die dieses Wort im täglichen Leben findet, ist die Sprache der Wissenschaft 
sichtlich bemüht, ihm die Abgrenzung zu geben, die zu dem eben festgestellten 
Begriff der Polizeigewalt stimmt: Schulze, D. St.R. I S. 620; Pözl, Bayr. 
Verw.R. S. 203; L. Stein, in Wörterb. d. V.R. II S. 248; Ulbrich, Öf. 
Rechte 8. 62; Leuthold, Sächs. Verw.R. S. 14; v. Kirchenheim, Einf. 
S. 81; Ernst Meier, Verw.R. bei Ioltzendorf I S. 85; Anschütz, die Pol. 
Ss. 12f.; Fleiner, Inst. S. 363; Jungel, Begr. d. Pol. im württ. R. S. 88 fi.; 
Schoen, in Holtzend. Enzykl. IV S. 207. — Uns kommt es hier nur auf die 
Sauberhaltung unseres Begrifis der Polizeigewalt an; das durch seine 
wechselvolle Geschichte etwas verschlissene Wort Polizei mag weiter rollen. Wo 
sich die Gesetze seiner bedienen, um Zuständigkeiten zu regeln, Rechtsmittel 
zu gewähren, behalten wir freie Hand, auszulegen, wie sie es gemeint haben. 
Vgl, z. B. 0.V.G. 4. Juli 1901 (Entsch. XL S. 268); 15. Juni 1904 (XLIV S. 58); 
17. Juni 1904 (XLV S. 103); 13. März 1908 (LII S. 279).
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.