Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.1. Deutsches Verwaltungsrecht. (1)

$ 19. Entwicklung des Polizeibegriffs. 219 
für die Strafrechtspflege aber machte sich von da an eine Unter- 
scheidung geltend: nur was die Gerichtshöfe selber dabei tun, ist justice, 
was die Staatsanwaltschaft und das ihr unterstellte Verwaltungs- 
beamtentum dazu beiträgt, um strafbare Handlungen zu entdecken 
und die Bestrafung des Täters zu ermöglichen, ist police judieiaire>, 
Wir haben den Namen beibehalten, ziehen aber den Kreis des 
zur gerichtlichen Polizei gehörigen Personals enger. Es handelt 
sich im wesentlichen nur um Beamte, welche den allgemeinen 
Polizeibehörden unterstehen und zugleich oder ausschließlich für 
jene Zwecke der Strafrechtspflege Verwendung finden. Ihre Tätig- 
keit wird soweit nicht durch das Verwaltungsrecht geregelt, sondern 
durch die Strafprozeßordnung. Mag man sie mit gutem Grunde 
für das Gebiet der Justiz in Anspruch nehmen oder an der her- 
gebrachten Bezeichnung Polizei festhalten: um eine Äußerung der 
Polizeigewalt in dem hier klargestellten Sinne handelt es sich 
jedenfalls dabei nicht, hier wird nichts erläutert noch ergänzt aus 
jenen natürlichen Grundlagen, welche der Polizeigewalt ihre Eigenart 
geben. Gerade die nämlichen Beamten können ja zugleich für 
Zwecke der Sicherheitspolizei verwendet werden; wo das der Fall 
ist, tritt der Gegensatz deutlich hervor !®. | 
Bezeichnet gerichtliche Polizei eine Polizei, die eigentlich keine 
ist, sondern Strafjustiz, so ist der Ausdruck administrative Polizei 
noch unglücklicher: die Polizei ist selbstverständlich administrativ, 
auch ohne Zusatz. 
Verwandt damit ist die sehr beliebte Unterscheidung von 
präventiver (vorbeugender) und repressiver (zwingender) 
Polizei. Auch diese Ausdrücke sind den französischen Juristen 
entlehnt. Man hat da vornehmlich den Fall einer Straftat im 
Auge und das verschiedene Verhalten der Polizeibeamten dabei: 
vor der Tat wollen sie verhindern, nach der Tat die Ahndung 
herbeiführen. Der Gegensatz wird also häufig zusammenfallen mit 
dem von administrativer und gerichtlicher Polizei. Der Zweck der 
termini techniei ist dann der, eine wohlklingende Formel dafür 
zu liefern, daß die Polizei bei gewissen Gewaltmaßregeln unter 
Umständen, weil „präventiv“, d. h. administrative Tolizei, an die 
strengen Vorschriften der Strafprozeßordnung nicht gebunden war". 
15 Theorie d. franz. Verw.R. S. 161 ff. 
16 Für die richtige Beschränkung Mat. z. G.V.G. 8. 170 (Hahn, Mat. I 
S. 152 ff.). 
17 So O.Tr. 4. Jan. 1872 ().M.Bl. 1872 8.89); Walter, in Sächs. Ztschft, 
f. Pr. IIS. 49 fi.
	        
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