244 Die Polizeigewalt.
2. Der Polizeibefehl bedarf der Kundgabe an den, bei welchem
die Wirkung eintreten, die Gehorsamspflicht erzeugt werden soll.
Das wird in verschiedener Weise geschehen, je nachdem der kund-
zugebende Befehl ein Rechtssatz ist oder ein Verwaltungsakt.
— Der Rechtssatz richtet seinen Befehl an jedermann, den
es angeht, bei dem die Merkmale zutreffen werden, an welche der
Befehl sich knüpfen will. Wer das ist, kann im voraus nicht
übersehen werden. Die Form der Kundgabe ist demgemäß schlecht-
hin die Willenserklärung an jedermann, an das Publikum, die
Publikation, Veröffentlichung.
Dazu ist selbstverständlich nicht nötig, daß die Willens-
erklärung jedem Einzelnen zu Bewußtsein komme; aber auch nicht
einmal, daß sie jedem Einzelnen so nahe gebracht werde, daß er
sie hätte wahrnehmen können oder wahrnehmen sollen. Die Ver-
öffentlichung geht immer nur darauf, daß das Wissen von der
Erklärung eine Art gesellschaftliches Gemeingut werde;
wie weit der Einzelne dann wirklich daran teil hat, ist für die
Wirksamkeit der Erklärung gleichgültig.
Die natürliche Art der Veröffentlichung lehnt sich deshalb
stets an bestimmte gesellschaftliche Einrichtungen an, die geeignet
sind, diese Gemeinbekanntschaft, die Publizität, zu vermitteln. Die
Form wird durch die gesellschaftlichen Zustände, durch die Sitte
bestimmt, und wenn danach verfahren ist, ist die Kundgabe gültig
und wirksam, gleichviel ob der Einzelne tatsächlich von ihr be-
rührt worden ist oder nicht. So finden wir als genügende Ver-
öffentlichungsarten: Verlesen in der Kirche, Bekanntmachung in
besonders berufenen Versammlungen, Anschlag an öffentlichen
Orten, Austrommeln auf der Straße, Mitteilung durch die Presse
und noch mancherlei anderes.
Das geltende Recht ist allenthalben dazu übergegangen, an
die Stelle dieser natürlichen Veröffentlichungsarten für die Gesetze
und nach und nach im Anschluß daran auch für die Verordnungen
formale Veröffentlichungsarten zu setzen. Es werden gewisse
für die Öffentlichkeit bestimmte Blätter mit besonderer recht-
licher Bedeutung ausgestattet, Gesetzblätter, Amtsblätter usw.
Was dann an Rechtssätzen darin gedruckt erschienen ist, gilt als
gehörig veröffentlicht, ohne Rücksicht darauf, ob das Blatt nach
etwas verwirklicht, ist klar, ob einen Befehl, das ist die Frage — für jeden,
der nicht allzu tief in den Ideen des Polizeistaates steckt.
Über die Besonderheiten des Befehls bei der Straßenpolizei; vgl. oben
8 21 Note 4.