12 Einleitung.
Dagegen liefert der Verfassungsstaat selbst eine neue Art von
außerordentlichen Maßregeln. Das sind die Einzelverfügungen
in Gesetzesform. Gesetzgebung im Sinne der hier behandelten
Grundeinteilung sind sie nicht, weil sie keine Rechtssätze ent-
halten. Man bezeichnet sie gern als Verwaltungsakte. Das sind
sie aber auch nicht notwendig. Vielmehr ist zu unterscheiden.
Es kann nach dem bestehenden Verwaltungsrechte eine bestimmte
Maßregel, die im Einzelfalle getroffen werden soll, dem Gesetze
vorbehalten sein, z. B. die Anordnung eines Enteignungsverfahrens,.
Da nimmt dann das Gesetz einfach teil an der Verwaltung. Ebenso,
wenn die Regierung etwa freiwillig die Gesetzesform wählt für
eine Maßregel, die sie eigentlich allein machen könnte Es
kann aber auch sein, daß in der bestehenden Rechtsordnung ein
Vorbehalt nicht gemacht, die vorzunehmende Maßregel überhaupt
nicht als möglich vorausgesetzt ist. Das Gesetz kann gleichwohl
immer tun, was es will, etwas Abweichendes, Außerordentliches
verfügen, eingreifen in die Rechtsordnung für den Einzelfall. Das ist
rechtlich unanfechtbar, aber es ist nicht mehr Verwaltung. Sobald
das Gesetz seine Souveränität gebraucht, ist es mit der begriffsmäßig
unter der Rechtsordnung stehenden Verwaltung zu Ende.
sich nach und nach bestimmte Tätigkeiten ablösen und das jeweils Ver-
bleibende dann noch Regierung heißt, wäre es folgerichtig, hier von Regierungs-
handlungen zu sprechen. In der französischen Rechtssprache ist das so. Das-
entsprechende Wort „gouvernement“ bedeutet wohl auch die ganze tätige Staats-
gewalt; dann wird es wieder gebraucht im Gegensatz zur Rechtspflege; im
engsten Sinne aber schließt es auch noch die Administration aus. Dann dient.
es ganz besonders zur Bezeichnung der verfassungsrechtlichen Hilfstätigkeit
des Staatsoberhauptes (decrets gouvernementaux), der ganzen völkerrechtlich
bestimmten Tätigkeit nach außen und der Geltendmachung des Staatsnotrechts
durch den unter dem Kaiserreich viel besprochenen „acte de gouvernement“
(0. M., Theorie d. franz. Verw.R. S. 7 ff.)
!® Daß nach diesem Maßstab eine Unterscheidung zu machen ist zwischen.
den gesetzlichen Anordnungen für den Einzelfall, hebt auch Jellinek hervor
(Ges. und Verord. S. 239 ff). Solche Gesetze können nach ihm die Natur von
„Verwaltungsakten“ haben, dann nämlich, wenn sie sich „in dem Rahmen der:
geltenden Rechtsordnung bewegen“. Sie können aber auch „Individualgesetze“
sein, wie er sie nennt; sie bedeuten dann die „Anordnung von Einzelakten
contra legem“ (S. 257). Jellinek ist allerdings der Meinung, daß diese:
letzteren „neues Recht schaffen“ und zählt sie deshalb zur Gesetzgebung. Wer:
mit uns in der Anordnung für einen bestimmten Einzelfall einen Rechtssatz
nicht zu finden vermag (vgl. unten $ 7 Note 1), muß dieses „Individualgesetz“
auch von der Rubrik Gesetzgebung ausschließen; dann fällt es eben in das.
vierte Gebiet.
Das Preußische Gesetz (ursprünglich Notverordnung) v. 2. März und