240 Die Polizeigewalt.
Mangels besonderer Vorschriften muß vielmehr die Erklärung
gültig in derselben Weise geschehen können, wie ausdrückliche
Willenserklärungen in zivilrechtlichen Rechtsverhältnissen. Die
Form der stillschweigenden Willenserklärung paßt jedenfalls nicht
für den obrigkeitlichen Akt. Sie muß hier ebenso ausgeschlossen
sein wie beim Urteil’*. Die Zustellung in den Formen der Zivil-
prozeßordnung genügt, sofern sie eben die Übermittlung einer aus-
drücklichen Willenserklärung vorstellt. Besonderheiten, wie die
Zustellungen durch Aufgabe zur Post, Hinterlegung auf der Ge-
richtsschreiberei oder Öffentliche Bekanntmachung (Z.P.O. 8 175,
8 182, 8 203) lassen sich nicht ohne weiteres hierher übernehmen '®.
zimmers in neun Fällen von zehn nicht weiß, worauf es ankommt, jedenfalls
nicht entsprochen; die Schriftlichkeit soll doch für den Betroffenen gegeben
sein, nicht bloß für die Behörde. So mit Recht O0.V.G. 27. März 1878 (Entsch.
IV S. 394) bezüglich der vom L.V.G. $ 132 geforderten „schriftlichen An-
drohung“. R.G. 9. Juni 1905 (Entsch. XLI S. 100) läßt dafür auch genügen,
daß der Amtsdiener kommt und die Androhung vorliest, sie unterschreiben
läßt und wieder mitnimmt. Die Unterscheidung, die hier gemacht wird, von
der Eröffnung zu Protokoll, weil diese allerdings keine schriftliche, sondern
nur eine beurkundete mündliche Androhung sei, scheint mir für die einfache
Vernunft der Gesetzesbestimmung allzu fein. — Als besondere Art der Kund-
gabe einer polizeilichen Verfügung pflegt auch noch die „symbolische“ hervor-
gehoben zu werden, die Warnungstafel, der Strohwisch, der die Straße sperrt,
der aufgeworfene Graben, der gemalte Radschuh mit einem Ausrufezeichen
dahinter (Sarwey, Allg. Verw.R. S. 29; Laband, St.R. II S. 196). Das
beruht auf Mißverständnis. Diese Dinge sind entweder nur Warnungen von
rein tatsächlichem Wert, oder, wenn es sich um Befehl und Strafandrohung
handelt, so stehen die in Gestalt einer Polizeiverordnung dahinter und sind
schon auf ihre gewöhnliche Weise bekannt gemacht. Jene Symbole dienen
nur, um im kritischen Augenblicke kräftig daran zu erinnern.
14 Deshalb genügt auch nicht das bloße „Erfahren“ von der an einen
anderen erfolgten Kundgabe: Kormann, Rechtsgesch. Staatsakte S. 195. Ab-
weichend scheinbar O.V.G. 3. Nov. 1904 (Enntsch. XLVI S. 404): Wegepolizei-
liche Verfügung befiehlt Wegräumung eines störenden alten Pumpbrunnens;
Nachbar behauptet Wasserschöpfgerechtigkeit und klagt erst vergeblich vor
dem Zivilgericht gegen den Eigentümer auf Wiederherstellung, sodann ver-
waltungsgerichtlich gegen jene Verfügung; Frist versäumt, denn diese lief auch
gegen den Dritten von der „sicheren und vollständigen Kenntnis an, die ihm
während des Zivilprozesses jedenfalls zuteil geworden ist“. In Wahrheit war
das diesem Dritten gegenüber ein Befehl überhaupt nicht, sondern eine Maß-
regel, deren tatsächliche Durchsetzung erst sein Recht berührte. Im Zweifel
sollte für ihn auch die Beschwerdefrist erst von da ab laufen.
18 Kormann, Rechtsgesch. Staatsakte S. 194 f., will die Hinterlegung auf
der Postanstalt gelten lassen, die öffentliche Zustellung nicht. Ich sehe keinen
Unterschied. — Exorbitant war die Bestimmung im Sozialistenges. v. 21. Okt,
1878 8 28 Abs. 4.