Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.1. Deutsches Verwaltungsrecht. (1)

S 23. Die Polizeistrafe. 277 
Verhalten allgemein und schlechthin. Die Behörde, welche 
dem beteiligten Dienstzweige vorsteht, darf aber dadurch nicht 
gehindert sein, solche Dinge zu gestatten und sogar zu ver- 
anlassen, soweit es eben für diesen Dienstzweig selbst geschieht 
oder sonst ein überwiegender Öffentlicher Nutzen dabei heraus- 
springen mag. Insofern verfügt sie über den Gegenstand des 
Schutzes und nimmt dadurch der Handlung, die sonst mit Strafe 
bedroht ist, die dabei vorausgesetzte Eigenschaft der Unbefugt- 
heit!?. Das kann durch eine obrigkeitliche Verfügung geschehen, 
einen ermächtigenden Verwaltungsakt; es kann auch statt von der 
Behörde von untergeordneten Bediensteten geschehen, die damit 
beauftragt sind. Die Wirkung ist die gleiche!®. Eine Polizei- 
erlaubnis in dem zu $ 22 entwickelten Begriff liegt auch im ersteren 
Falle nicht vor; um das aus dem Verwaltungsakt zu machen, 
müßte man erst einen allgemeinen Verbotsrechtssatz hinzu er- 
dichten, von dem er entbände; das wäre aber eine unnötige Kon- 
struktionskünstelei, die Wahrheit der Sache ist einfacher. 
III. Die Polizeistrafe ist rechtssatzmäßige Strafe. Ihre Ver- 
hängung geschieht durch obrigkeitliche Anwendung des Polizei- 
strafrechtssatzes auf den Einzelfall. 
1. Zuständig, über diese Strafe zu erkennen, sind grundsätzlich 
die ordentlichen Gerichte, und zwar, der Höhe der an- 
gedrohten Strafe entsprechend, die Schöffengerichte, die in dem 
12 Binding, Stf.R. I S. 707; der einwilligende Staat ist aber hier nicht 
„als Inhaber des Gehorsamsrechts“ beteiligt, sondern mit Werten und Zweck- 
mäßigkeiten seiner Verwaltung. — Beispiele: Stf.G.B. $ 360 Ziff. 1; $ 360 Ziff. 4 
u. 5; Bad. Pol. Stf.G.B. $ 42; Bayr. Pol. Stf.G.B. $ 23. Ganz besonders be- 
weiskräftig sind die Fälle, wo der Strafrechtssatz eine Handlung schlechthin 
zu treffen scheint, weil sie die Einrichtungen der öffentlichen Verwaltung be- 
einträchtigen würde, und doch die Bestrafung ausgeschlossen ist, wenn die 
zur Obhut Berufenen nach dem Maße der ihnen zustehenden Verfügungsmacht 
einen derartigen Eingriff gestattet haben. So Stf.G.B. $ 366 Ziff. 9 (Aufstellung 
von Gegenständen auf öffentlichen Wegen, durch welche der freie Verkehr ge- 
hindert wird); dazu Olshausen, Kommentar, Note b. 
Keine Polizeierlaubnisse sind die Erlaubnisse in Stf.G.B. $ 360 Ziff. 3 
(Olshausen, Kom. Note ca; Schlusser, Bad. Pol. Stf.G.B. S. 442) und 
Stf.G.B. $ 370 Ziff. 3 (Olshausen, Kom. Note a). 
18 Militärische Befehlshaber, die keine Polizeibehörden sind, spielen hier 
eine große Rolle. Aber auch Marktaufseher, Schleusenwärter, Bauinspektoren. 
Als Aufsichtsbeamter, der im Sinne von Bayr. Pol. Stf.G.B. Art. 23 die Er- 
laubnis zum in Verkehr Treten mit dem Gefangenen erteilen kann, gilt „jeder, 
dem amtlich die Aufsicht über einen Gefangenen übertragen ist“: Reger- 
Dames, Pol. Stf.G.B. S. 210.
	        
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